Straßburg - "Anlass zur Sorge" sieht die amtierende ungarische EU-Ratspräsidentschaft angesichts der Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei. Die ungarische EU-Staatssekretärin im Außenamt, Enikö Györi, kritisierte am Dienstag vor dem EU-Parlament in Straßburg die jüngste Verhaftung von regimekritischen Journalisten. Sie zeigte sich außerdem besorgt über eine hohe Zahl von Berichten über Folter und Missbrauch außerhalb offizieller Hafteinrichtungen in der Türkei.

Als "zutiefst bedauerlich" bezeichnete es Györi, dass die Türkei noch immer nicht das Ankara-Protokoll zur Ausweitung der EU-Zollunion auf Zypern umgesetzt habe. Die EU hat deshalb im Jahr 2006 acht entscheidende Verhandlungsbereiche mit Ankara eingefroren. Diese Maßnahmen blieben aufrecht, die mangelnden Fortschritte hätten Auswirkungen auf die EU-Beitrittsverhandlungen, warnte die EU-Ratsvorsitzende. Außerdem habe die Türkei keine Fortschritte bei der Normalisierung ihrer Beziehungen zu Zypern gemacht, kritisierte Györi. Weitere Anstrengungen müsse Ankara auch bei Grund-, Eigentums- Gewerkschafts- Minderheiten-, Kinder- und Frauenrechten sowie bei der Antidiskriminierung machen.

Der sozialdemokratische Fraktionsvize Hannes Swoboda (S) sagte, es gebe "eine de facto Blockade" der EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei. Ein Abbruch der Verhandlungen wäre aber "das Dümmste, was man machen kann". Swoboda glaubt nicht, dass die Türkei innerhalb der nächsten zehn Jahre die EU-Beitrittsgespräche abschließen kann. Anlass für besondere Sorge sei das jüngste Vorgehen der türkischen Regierung gegen regimekritische Journalisten.

"Aus heutiger Sicht ist die Türkei für einen Beitritt jedenfalls nicht reif", betonte ÖVP-Delegationsleiter Ernst Strasser. "In vielen Bereichen müssen enorme Anstrengungen erzielt werden. Dies gilt für Defizite bei der Meinungs- und Pressefreiheit ebenso wie bei der Umsetzung der Frauenrechte." (APA)