Das Palettenhaus am Linzfest im Jahr 2009. Leuchtkörper innerhalb der Palettenebene sowie eine weiße Folie, an der das Licht reflektierte, ließen das Gebäude erstrahlen.

Foto: Pils/Schnetzer

Die Architekten Andreas Claus Schnetzer (l.)
und Gregor Pils legen Wert auf Umweltverträglichkeit und die Multiplizierbarkeit ihres Projekts.

Foto: Pils/Schnetzer

Der Innenhof des tunnelförmigen Palettenhauses
in Magagula Heights, einem Township des
südafrikanischen Johannesburg.

Weitere Fotos gibt es in der Ansichtssache.

Foto: Pils/Schnetzer

Fast drei Jahre sind inzwischen vergangen, seitdem das Palettenhaus von Gregor Pils und Andreas Claus Schnetzer im Rahmen der Architekturbiennale in Venedig erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Bereits zuvor, im Jahr 2007, hatten die beiden Architekturstudenten der TU Wien mit ihrem Entwurf für das aus Transportpaletten gebaute Haus den europäischen Studentenwettbewerb für nachhaltige Architektur "GAU:DI" gewonnen.

Es folgten Ausstellungen in verschiedenen europäischen Städten, sowie die Weiterentwicklung ihres Gebäudes im Rahmen eines Sozialprojekts in Südafrika. Die Zukunft der Palettenarchitektur soll noch mehr bringen: Den Einsatz einer vereinfachten Bauweise für Flüchtlingslager in Krisengebieten und die Serienreife für das europäische Lifestyle-Palettenhaus.

Anpassung an örtliche Gegebenheiten

Pils' und Schnetzers Idee einer Wohnmöglichkeit, die hauptsächlich aus einem robusten Abfallprodukt der Transportwirtschaft geschaffen wird, ist je nach Örtlichkeit unterschiedlich umsetzbar. Für das Ithuba Skills College, ein von Christoph Chorherr initiiertes Sozialprojekt in Magagula Heights, einem Township der südafrikanischen Stadt Johannesburg, haben die beiden jungen Architekten ihr ursprünglich kubisches Palettenhaus weiter entwickelt.

Dabei handelte es sich nicht um eine Verbesserung des alten Systems, sondern um eine Adaptierung an den Ort. "Das runde System hat gegenüber dem kubischen System den Vorteil, dass man viel weniger Holzträger braucht, weil die Lasten direkt über die Palette abgetragen werden", erklärt Pils die Entscheidung zur Veränderung der Gebäudeform, die unter anderem auch aufgrund der hohen Holzpreise in Südafrika getroffen wurde. "Man braucht statt Querträger nur Längsträger, und dadurch ist es vom statischen System her viel einfacher. Das Haus ist aufgebaut wie ein Gewölbe, nur dass man statt dem Ziegel die Palette nimmt."

Auch bei den Dämmmaterialien passte man sich an die örtlichen Gegebenheiten an. "In Südafrika haben wir Stroh verwendet, weil es ein lokales Material ist, das verfügbar ist", so Schnetzer. Das gleiche galt auch für die Paletten. "Wir haben 400 alte Paletten gratis von einer Firma geschenkt bekommen. Normalerweise bringen sie diese Paletten zu einer anderen Firma, die sie dann zerhäckselt."

Einbindung der lokalen Bevölkerung

Drei Monate wurde an dem Gebäude in Magagula Heights gearbeitet, zusätzlich unterstützten auch lokale Helfer das innovative Bauvorhaben. Die Einbindung der lokalen Bevölkerung ist den beiden Österreichern ein großes Anliegen. Sie möchten den Leuten vor Ort zeigen, wie man auf einfache und kostengünstige Weise ein Haus bauen kann: "Wir haben auch Leute eingeschult, die keine Professionisten sind."

Erst vor zwei Wochen besuchten Pils und Schnetzer ihr "low cost building" in Südafrika neuerlich, um letzte Infos für den Endbericht ihres Forschungsprojekts zu sammeln und dem Gebäude den letzten Schliff zu geben. Schnetzer: "Wir waren knapp ein Jahr nicht dort und haben jetzt noch ein paar kleine abschließende Arbeiten erledigt." Zum Beispiel einen Boden verlegt und sich um zusätzliche Möbel gekümmert. Das tunnelförmige Haus wurde bereits im letzten Jahr vom Ithuba Skills College genutzt: Im vorderen Trakt des Gebäudes befindet sich die Gemeinschaftsküche der Schule, im hinteren Teil sind Schlaf- und Sanitärräume.

Notunterkunft ohne Schrauben

In Zukunft möchte das Architekten-Duo ihr südafrikanisches Palettenhaus auch in einer nochmals weiterentwickelten Version als einfach und schnell aufbaubare Notunterkunft etablieren. "Das Ausgangsmaterial für dieses System sind nur Paletten und Holzstaffeln", sagt Schnetzer. Schrauben werden keine gebraucht. "Da sich die Konstruktion durch das Stecksystem selbst trägt, sind keine zusätzlichen Verbindungsmittel nötig."

Für den unmittelbaren Erstschutz, zum Beispiel nach einem Erdbeben, kann eine Folie oder LKW-Plane als Dach fungieren. Der Grundgedanke liegt aber in der flexiblen Weiterentwicklung zu einem richtigen Haus: Da es sich nicht um ein Zelt, sondern um eine massive Konstruktion handelt, hat man nachträglich die Möglichkeit, das System jederzeit zu verbessern, also dementsprechend auszudämmen oder zu erweitern. "Das ist sehr wichtig, da Flüchtlinge meist Jahrzehnte, manchmal sogar ein gesamtes Leben in Flüchtlingslagern untergebracht werden."

Wochenendhaus zum Mitnehmen

Ganz im Gegensatz zur Idee dieser Notunterkunft für Flüchtlinge in Krisenregionen soll in Österreich ein ganz anderes Klientel angesprochen werden -  Menschen, die sich ein besonderes Lifestyle-Gebäude wünschen, zum Beispiel in Form eines Wochenendhauses. "Es ist für Leute, die etwas besonderes haben und auch etwas aussagen wollen. Nämlich, dass sie auf Ökologie und Nachhaltigkeit Wert legen," fasst Pils zusammen.

Durch die vorgefertigten Module besteht zudem die besondere Möglichkeit, das Haus bei einem Wohnsitzwechsel mitnehmen zu können. Das Gebäude kann einfach in seine Einzelteile zerlegt werden und an anderer Stelle wieder zusammen gesetzt werden. Bei den Ausstellungen in Venedig, Wien oder Linz "war das Gebäude immer das gleiche", betont Schnetzer. "Wir haben es in einer Woche abgebaut, und in zwei Wochen woanders wieder aufgebaut." (Jasmin Al-Kattib, derStandard.at, 07.03.2011)