Grafik: Standard

Die Republik muss neuerlich ausgegliederte Verbindlichkeiten in die offizielle Staatsverschuldung aufnehmen. Wie der Standard in Erfahrung brachte, wurde der Verkauf von burgenländischen Wohnbaudarlehen nicht anerkannt. Der Grund: Die Forderungen gingen an eine Landesgesellschaft, die die Transaktion im Vorjahr über die Begebung zweier Anleihen finanzierte. Die Staatsschulden erhöhen sich dadurch um 400 Millionen Euro.

In Eisenstadt weiß man noch nichts vom Prüfergebnis der Statistiker. Die Transaktion wird verteidigt, weil sich das Burgenland im Unterschied zu Konstruktionen anderer Länder den Gestaltungsspielraum bei den Wohnbaudarlehen erhalten habe, heißt es aus der Landesregierung.

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Der Konsolidierungspfad der Republik verwuchert zusehends. Erst wurde bekannt, dass künftig die ausgegliederten Krankenanstalten im Schuldenstaat der Republik ausgewiesen werden müssten, dann wurde die drohende Eingemeindung von ÖBB-Schulden sowie Staatszuschüssen an die Bahn in die Defizitquote ruchbar. Nun kommen auch noch Wohnbaudarlehen hinzu.

Konkret geht es um die burgenländische Praxis: Dort wurden die Forderungen gegenüber Kreditnehmern nicht wie etwa in Niederösterreich an Banken verkauft, sondern an eine ausgegliederte Gesellschaft namens Wohnbau Burgenland. Sie überwies dem Land 400 Mio. Euro und finanzierte dies im Vorjahr über zwei Anleihen. Das Land haftet für die Rückzahlung der Darlehen an die Wohnbau Burgenland. Diese Verbindlichkeiten müssen nach einer Prüfung durch die Statistik Austria künftig dem öffentlichen Schuldenstand zugerechnet werden, erfuhr der Standard aus informierten Kreisen.

Wenngleich die Auswirkungen mit dem betroffenen Volumen von rund 0,15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschaubar sind, stellt sich doch die Frage nach weiteren verborgenen Leichen im Budgetkeller. Zudem bringen die Revisionen beinahe im Monatstakt die Staatsfinanzen ordentlich durcheinander. Der Schuldenstand dürfte anstatt der für 2014 geplanten 72,5 Prozent bei rund 80 Prozent liegen.

Fix ist bereits, dass 2,5 bis drei Milliarden Obligo der Krankenanstalten die Staatsschulden um in etwa einen Prozentpunkt nach oben drücken. Vor allem die Steiermark und Kärnten waren sehr kreativ: Sie haben die Spitäler nicht nur in eigene Gesellschaften ausgegliedert, diese Holdings haben mit Landeshaftung auch noch hohe Fremdmittel aufgenommen, um den Betrieb zu finanzieren. Die Rückzahlung der Verbindlichkeiten wird letztlich an den Ländern hängen bleiben. Allein in der Steiermark beträgt die Summe 1,2 Mrd. Euro. Ein ähnlich hohes Volumen hat Kärnten seiner Spitalsgesellschaft Kabeg umgehängt, das nun wieder ins Landesbudget umgebucht werden sollen.

Und dann wäre da noch die Bahn, die derzeit 14 Mrd. Euro an Schulden angehäuft hat. Die EU-Statistikbehörde Eurostat prüft derzeit, ob die Verbindlichkeiten dem Staat zugerechnet werden müssen. Zudem droht ein Anstieg der Neuverschuldung, weil laut Finanzministerium künftig bis zu 1,5 Mrd. Euro an jährlichen Zuschüssen für den Infrastrukturausbau defizitwirksam werden könnten. Unklar ist derzeit, ob damit eine Verschärfung des Sparkurses notwendig wird. Momentan wird der neue Budgetplan bis 2015 erstellt: Bei einem zusätzlichen Minus durch die Neuberechnung der Bahnzuschüsse müssten 0,5 Prozent des BIP zusätzlich eingespart werden oder durch anderweitige Einnahmen kompensiert werden. Finanzminister Josef Pröll will jedenfalls am Konsolidierungspfad festhalten, der im kommenden Jahr ein Unterschreiten der dreiprozentigen Defizitgrenze vorsieht.

Doch damit nicht genug: Eurostat verlangt die Einrechnung von Bad Banks, in denen giftige Wertpapiere gelagert werden, für die der Staat haftet. In Österreich ist das bei der notverstaatlichten Kommunalkredit ein Thema, deren KA Finanz AGauf rund zehn Mrd. Euro an riskanten Kreditderivaten sitzt. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.3.2011)