Es war zu erwarten, dass eine kantige Kollegin dem blutarmen Moritz Eisner guttun würde. Das Ausmaß, wie sehr Bibi Fellner dem eingerosteten Ösi-Tatort auf die Sprünge half, überraschte dennoch.
Die abgewrackte Ermittlerin brachte von der Sitte nicht nur ein fettes Alkoholproblem und einen Strizzischlitten mit, sondern auch einen Charakter, der für dringend notwendige Unverwechselbarkeit in Zukunft sorgen könnte.
Den Typus des fertigen Kieberers mit empathischer Spürnase trieb Adele Neuhauser zwischendurch zu sehr auf die Spitze, was aber mehr an ihrem Gegenüber lag: Der diesmal wieder besonders phlegmatische Major brauchte so viel Verhaltensauffälligkeit. Rückfälle sind programmiert, die Begradigungsmaßnahmen Eisners fruchteten bedingt, gut so.
Das Gefühl für das ernsthafte Rollenbild kann da schon einmal verlorengehen. Jenes für ein plausibles Drehbuch ebenso. Gewisse Darstellungen gehören einfach recherchiert, das muss sich auch fürs Fernsehen ausgehen. Wolfgang Murnberger erledigte seinen Job mit Gespür für das Anforderungsprofil der Krimireihe.
Lokalkolorit, beim koproduzierten Tatort erwünscht, wurde nicht zur Kulisse von Tourismusfahrten. Die Wuchtel, seit Kottan offenbar unverzichtbarer Bestandteil österreichischer Krimis, wurde nicht überstrapaziert.
Netter Seitenhieb, dass die Unterschicht (Johannes Krisch, großartig!) Barbara Karlich schaut. Die Falle zur Lösung glaubte man schon anderswo gesehen zu haben - war es Mörder ahoi? -, Spannung war wieder nicht die Stärke, aber das Werk ist auf Schiene. Es besteht Grund für Optimismus. Das ist doch schon etwas. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 8.3.2011)
Zum Thema: Topquoten bei Neuhauser-Premiere - Durchschnittlich 990.000 Zuseher für "Vergeltung" auf ORF 2 - Neueste Episode der Krimi-Reihe auch in Deutschland erfolgreich