Wien - Nur wenige Tage nach dem Rücktritt von Peter Noever hat ein Teil der Mak-Belegschaft der Geschäftsleitung ihr Misstrauen ausgesprochen. Dies berichtet Profil online. In einem Mail, gerichtet an Martina Kandeler-Fritsch, Andrea Jungbauer-Radax und Kathrin Pokorny-Nagel, heißt es: "Sie alle waren während der Amtszeit von Noever Teil der Geschäftsleitung, Sie waren zeichnungsberechtigt. Aus diesem Grund hegen wir die berechtigte Sorge, dass es Ihnen nicht möglich sein wird, objektiv und wertfrei an der Aufarbeitung der Geschehnisse mitzuwirken."

Noever habe trotz Zutrittsverbots einen Generalschlüssel, ihm seien nicht, wie vom Kuratorium gefordert, die Computerpasswörter entzogen worden. "Das spricht gegen den Grundsatz der Objektivität und legt nahe, dass Sie offensichtlich befangen sind". Man befürchtet, dass "die Politik Noevers fortgesetzt werden soll".

Das "System Noever" wird aber auch heftig verteidigt (darunter von Mak-Mitarbeitern): auf der Homepage www.propeternoever.at. (trenk)

 

Zur Webseite zwei Kommentare  - ein PRO & CONTRA:


PRO: Ärger im globalen Dorf
Von Andrea Schurian

Gut so, wenn die "Pro Peter Noever"-Website irritiert. Sehr wahrscheinlich wurde sie zu diesem Zwecke installiert. Deswegen. Und um der medialen und politischen Lust am Skandal eine gewisse Differenziertheit entgegenzusetzen. Um internationalen und nationalen Kapazundern aller Sparten und Fächer Raum zu geben, auf dieser Seite Noevers Verdienste zu würdigen, ohne die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu marginalisieren. Sie tun das übrigens unter vollem Namen und nicht, wie in den meisten anderen Internetforen, anonym. Geniale Freigeister wie etwa Andrea Breth, Eric Owen Moss, Daniel Spoerri oder Aude Stoclet nun als Noevers nützliche Idioten abzustempeln ist, gelinde gesagt, ziemlich kühn.

Gut so, wenn der Umgang mit öffentlichen Geldern genauestens geprüft wird - in jeder Hinsicht: bei Geburtstagsfesten (aufschlussreich das Bekenntnis eines US-Big-Spenders, er habe nur gesponsert, weil er dazu eingeladen war).

Nennenswert ist aber auch, wenn ein Museumsdirektor durch Künstlerschenkungen oder die Schindlerhäuser in Los Angeles für das Mak und den Staat Millionenwerte generiert. Gut so, dass über all dies im globalen Dorf gesprochen werden konnte. Oder über den Ärger, dass die KHGs unschuldsvermutet durch die Gegend spazieren, während Ministerin Claudia Schmied im ORF, noch ehe Strafanzeige erstattet wurde, zu Noever "hohe kriminelle Energie" assoziierte. Das war nämlich definitiv nicht gut so.

 

CONTRA: Der gestürzte Patriarch
Von Thomas Trenkler

Keine Frage: Peter Noever hat vor vielen Jahren Großes geleistet. Er hat das Museum für angewandte Kunst entstaubt, er hat für Diskussionen gesorgt. Aber die Kulturpolitik hat ihn zu oft, viel zu oft im Amt bestätigt: Sie tolerierte, dass er sich jede Freiheit herausnahm. Sie tolerierte, dass er der Aufgabe, angewandte Kunst zu zeigen, nicht nachkam. Sie tolerierte seine Selbstinszenierungen auf Kosten der Mitarbeiter und des Mak.

Elisabeth Gehrer, Kulturministerin von 1995 bis 2007, und ihre Nachfolgerin Claudia Schmied gingen vor Noever in die Knie. Er ist, keine Frage, ein charmantes Alphatierchen, das Blumensträuße verschickt. Wer mit ihm auf Kosten der Steuerzahler nach L. A. reiste, kam als Fan zurück.

Noever machte sich im Laufe der Jahrzehnte viele Künstler, die er präsentierte oder denen er Ausstellungen versprach, zum Freund. Ministerialbeamte und Journalisten, die ihn hofierten, beschenkte er reich: Sein riesiges Büro war im Advent voll mit Rumflaschen und Zigarrenkisten, die in Geschenkpapier eingepackt werden mussten.

All jene, die in den übertrieben luxuriösen Jahresberichten abgebildet sind oder als Claqueure zu seiner letzten Pressekonferenz eingeladen waren, danken es ihm nun auf einer Homepage mit Liebesbriefen. Soll sein. Aber: Noever ist kein schuldloses Opfer einer Intrige. Wie den Menschen in Ägypten hat es auch den Mitarbeitern gereicht: Sie revoltierten gegen den bald 70-jährigen "Patriarchen".
(DER STANDARD, Printausgabe, 4.3.2011)