Wien - Die gute Nachricht: Diagnosen und Therapien verschiedenster Krankheiten werden nicht zuletzt dank moderner bildgebender Verfahren besser und individueller. Die schlechte Nachricht: Dadurch werden sie auch aufwendiger und teurer. Das erklärten Wissenschafter bei einer Pressekonferenz zum Auftakt des Europäischen Radiologenkongress (ECR) 2011, der noch bis Montag in Wien stattfindet.

Etwa die Entwicklung der sogenannten molekularen Bildgebung, bei der einzelne Substanzen in Zellen und Geweben beobachtet und verfolgt werden können, werden wesentlich zielgerichtetere Therapien als bisher ermöglichen, sagte Fabian Kiessling von der Universität Aachen. So können etwa Medikamente nicht nur millimetergenau in Tumore gespritzt werden, sondern auch der Erfolg kontrolliert und die Therapie nötigenfalls angepasst werden.

Noch kaum Investitionen

Die Individualisierung der Behandlung bedürfe aber auch einer Weiterentwicklung der eingesetzten Medikamente, die nicht nur auf den einzelnen Patienten, sondern auch etwa auf den einzelnen Tumor oder den jeweiligen Heilungsverlauf abgestimmt werden müssen. Die breite Anwendung von einigen wenigen Mitteln werde dadurch relativiert und die Entwicklung neuer Substanzen erforderlich.

Inwieweit die wissenschaftlichen Erkenntnisse sich auch in die Praxis umsetzen lassen, wie rasch die Pharmabetriebe auf die Entwicklung reagieren werden, sei jedenfalls fraglich. Bisher hätten die Firmen aufgrund des finanziellen Aufwands und auch wegen des Fehlens von radiochemischen Labors in den Krankenhäusern davon abgesehen, "in dieses Feld großräumiger zu investieren", so der Wissenschafter.

Vorteile für Patienten

Maximilian Reiser von der Universität München ist dennoch überzeugt, dass die Radiologie zur Personalisierung von Therapie und Diagnostik einen entscheidenden Beitrag leistet. So würden heute bereits 70 bis 80 Prozent aller Diagnosen mittels radiologisch unterstützter Verfahren durchgeführt. Reiser betonte, dass die Weiterentwicklung dabei nicht nur Geld kosten, sondern auch einsparen helfen kann. "Bei der Früherkennung von Brustkrebs vor Streuung des Tumors kann zum Beispiel von einer Chemotherapie abgesehen werden und mittels operativer Maßnahmen behandelt werden. So kann die kostenaufwendige, mit erheblichen Nebenwirkungen verbundene Behandlung der Patientin erspart werden", so der Forscher.

Der ECR ist die Jahrestagung der Eurpäischen Gesellschaft für Radiologie (ESR). Mit heuer rund 19.000 Teilnehmern zählt der ECR in Wien zu den größten medizinischen Kongressen weltweit. (APA)