Wien - Mit rund 20.000 Euro pro Verhandlungstag schlage der Tierschützer-Prozess zu Buche - das rechnete laut "Kurier" einer der VerteidigerInnen aus. Insgesamt belaufen sich die Kosten des Prozesses überschlagsmäßig somit auf rund 1,5 Millionen Euro. Die Summe soll neben Verteidiger-Honoraren auch Gerichtskosten und Salär von Staatsanwalt und Richterin enthalten. Addiert man die kolportierten vier Millionen Kosten der Soko-Ermittlungen hinzu, beläuft sich der Gesamtaufwand für die Tierschützer-Causa auf 5,5 Millionen Euro.

Bislang wurden in 75 Verhandlungen 105 ZeugInnen und acht Sachverständige befragt. Für die Anklage müssen noch 20 ZeugInnen einvernommen werden, die Verteidigung hat circa 300 ZeugInnen beantragt. Wie viele von ihnen geladen werden, hat die Richterin noch nicht bekannt gegeben. Fest steht aber, dass alleine die Schlussplädoyers mindestens sieben Tage in Anspruch nehmen werden. Dass der Prozess vor dem Sommer abgeschlossen werden kann, wird von vielen bezweifelt.

"Nichts erhärtet"

Der erstangeklagte VgT-Obmann Martin Balluch sieht die Anklagepunkte jedenfalls widerlegt: Verdeckte Ermittlerin und die Befragung der Sachverständigen hätten gezeigt, dass keine Vorwürfe erhärtet werden können, so Balluch, der bei einer Pressekonferenz am Mittwoch erneut die Einstellung des Verfahrens forderte.

Als "Wiedergutmachung" für die jahrelangen Ermittlungen und den dadurch bedingten "Stillstand" im Tierschutz forderte der VgT vom Gesundheitsministerium ein Verbot der Kastenstandhaltung von Zuchtschweinen. Eine diesbezügliche Kampagne wurde bereits 2006 begonnen und erregte mit einem durch Österreich tourenden, auffälligen Fahrzeug - dem "Grunz-Mobil" - auch die Aufmerksamkeit der Soko und des Verfassungsschutzes. Das "Grunz-Mobil" fand laut Angeklagten sogar Eingang in den Verfassungsschutzbericht des Jahres 2008. Der Elftangeklagte sprach am Mittwoch von einer "lächerlichen Kriminalisierung" dieser Tour: "In deren Augen haben wir die Gegend unsicher gemacht".

Einer Studie des VgT aus dem Jahr 2006 zufolge würden 72 Prozent der Zuchtsauen ununterbrochen in den gerade einmal körpergroßen Metallkäfigen gehalten. 98 Prozent müssten ihre Ferkel in Abferkelgittern zur Welt bringen. Dies rufe bei den Tieren schwere gesundheitliche und psychische Probleme hervor, erklärte sie. Auch dass die Muttersäue weder ihr Nestbauverhalten ausleben noch sich um die Ferkel kümmern können, sei mit großem Stress verbunden.

Man erwarte in den kommenden Tagen einen Entwurf vom Gesundheitsministerium mit einer Neuregelung, so Balluch. Weil 2013 ohnehin EU-weit eine Umstellung hinsichtlich der Zeit, die die Tiere in solchen Käfigen verbringen dürfen, anstehe, fordere man gleich ein totales Verbot. In der Schweiz, Großbritannien und Schweden sei dies auch bereits der Fall, führte der Erstangeklagte aus.

Auch der Drittangeklagte äußerte sich in einer Aussendung zum laufenden Verfahren. Nach dem Auftritt des linguistischen Sachverständigen zu Wochenbeginn stehe morgen, Donnerstag, mit dem zweiten Gutachten im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Tierquälerei bei einer Tierbefreiung die aus seiner Sicht "nächste Peinlichkeit" bevor. Der Beschuldigte erinnerte daran, dass der Gutachter Ende Jänner nach Vorlage von Fotos und Videos blutiger Schweine aus dem besagten Betrieb in Niederösterreich zugegeben hätte, bei seinem damaligen Lokalaugenschein zahlreiche verletzte und kranke Tiere gesehen zu haben - was er in seiner Expertise aber als Folge der Freilassung der Schweine bezeichnete. Freilandhaltung habe er "auftragsgemäß" als Tierquälerei bezeichnet, über die "wahre Tierquälerei" in der gegenständlichen Massentierhaltung selbst jedoch "beharrlich" geschwiegen, meinte der angeklagte Tierschützer. (APA, red)