Die Bürger misstrauen klassischen Medien immer mehr, umso gefragter sind Standards und ein definierter Berufsethos für Blogger, so die Einschätzung des ehemaligen Wikileaks-Sprechers Daniel Domscheit-Berg. Aus Kostengründen würden etablierte Medien immer weniger in Enthüllungsjournalismus investieren, gleichzeitig seien die gestreuten Informationen in Form von Rohdaten für den "Normal-Bürger" nur sehr schwer einzuordnen. Vorwürfe, dass die Enthüllungen auf der Internetplattform Wikileaks den Terrorismus fördern, wies Domscheit-Berg von sich. Wikileaks diene dazu, die Öffentlichkeit besser zu informieren, meinte er beim "Montagsgespräch" der Tageszeitung "Der Standard".

System auf den Kopf stellen

Unterstützung bekam er vom Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz. Man müsse das System auf den Kopf stellen, damit sämtliche Informationen der öffentlichen Hand grundsätzlich zugänglich wären und nur die notwendigen Ausnahmen definiert werden sollten. Einen "Freedom of Information Act" forderte Konrad Becker vom World-Information Institute, beispielsweise in Form einer computerlesbaren Schnittstelle zu Regierungsinformationen. Information sei ein Grundrecht, hier liege in Österreich vieles im Argen. Die sogenannte Open-Data-Diskussion sei unbedingt zu führen. Die Zensur werde durch das Medium Internet schwieriger, so Constanze Kurz vom Chaos Computer Club Berlin. Sie empfiehlt für das erfolgreiche Bestehen von Enthüllungsprojekten eine stark verteilte Struktur.

Neue Normen gefordert

Die Gesetzgebung brauche, so Pilz, neue Normen für unklare mediale Berufe, doch sei die Informationsgrundrechts-Diskussion hierzulande noch nicht einmal eröffnet, Österreich sei hier leider weit hinten nach. Das Parlament hinke dem öffentlichen Bewusstsein definitiv hinterher. Becker wiederum empfahl die Profilierung von neuen Formen der medialen Kompetenz, etwa des investigativen Computings. (APA)

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