Wien - Die Regierung hat sich am Dienstag vor dem Ministerrat mit der neuen Sicherheitsdoktrin zufrieden gezeigt, die in der Regierungssitzung dann auch beschlossen wurde. In der Frage, welche Schlüsse daraus gezogen werden, sind sich aber SPÖ und ÖVP weiter uneinig. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) bleibt bei seinem Modell 3 und lässt dieses von seinem Ressort "vertiefen". Die Volkspartei spricht sich weiter für eine reformierte Wehrpflicht aus, diese müsse aber erhalten bleiben, sagte Vizekanzler und Parteichef Josef Pröll.

Beide Seiten lobten am Dienstag zumindest die schnelle Einigung auf ein neues Sicherheitskonzept, in dem wieder die Neutralität festgeschrieben und die NATO-Beitrittsoption herausgenommen sowie Terrorismus und Cyberkriminalität berücksichtigt wurden. Darabos sprach von einem "großen Wurf", über den er "glücklich" sei. Er zeigte sich überzeugt, dass die neue Sicherheitsdoktrin mit seinem Modell erfüllbar sei.

Genau das sieht die ÖVP aber anders. Für Außenminister Michael Spindelegger ist kein Kompromiss möglich, wenn eine der beiden Seiten mit einem vorgefertigten Modell in die Verhandlungen geht. Er betonte einmal mehr, dass die ÖVP für eine reformierte Wehrpflicht eintrete. Das bekräftigte auch Pröll: "Wir sind für eine reformierte Wehrpflicht, aber sie muss bleiben." Auch der Zivildienst solle erhalten bleiben. Pröll hofft zwar auf eine Einigung mit der SPÖ. Wenn diese aber nicht zustande kommt, werde man das Volk befragen. 

"Gemeinsames Modell oder eine Volksbefragung"

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sah die am Dienstag beschlossene Einigung auf eine Sicherheitsdoktrin als Ausgangspunkt für eine "konstruktive Diskussion" über die Zukunft des Bundesheeres. Am Ende der Verhandlungen der Bundesregierung würden zwei Möglichkeiten stehen, bekräftigte er am Dienstag nach dem Ministerrat: "Ein gemeinsames Modell oder eine Volksbefragung."

Dass sich SPÖ und ÖVP in der Debatte um die Wehrpflicht mit völlig konträren Positionen gegenüberstehen, kommentierte Faymann nicht. Vielmehr unterstrich er einmal mehr, dass die Koalition die neue Sicherheitsdoktrin gemeinsam vorgelegt und überdies den Zeitplan "zur Gänze eingehalten" habe. Deshalb verlieh der Kanzler seiner Hoffnung Ausdruck, dass die weitere Bundesheer-Debatte, die ja in den vergangenen Monaten durchaus für koalitionäre Spannungen gesorgt hatte, konstruktiv weitergeführt werden könne.

Chefsache werden soll die Wehrpflichtdebatte offenbar vorerst nicht: Zuständig für die weitere Umsetzung der Doktrin und in Folge für die Erörterung von Bundesheer-Modellen seien weiterhin Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP), Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) sowie die Regierungskoordinatoren Maria Fekter (ÖVP) und Josef Ostermayer (SPÖ), hielt Faymann fest. (APA)