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70 Prozent der Bevölkerung wollen an der Neutralität festhalten.

Foto: AP Photo/Ronald Zak

Wien - Zum Schluss ging es nur noch um Formulierungen, nicht mehr um Inhalte: Als sich die sicherheitspolitischen Beauftragten der Koalitionsparteien - Maria Fekter für die ÖVP und Josef Ostermayer für die SPÖ - am Montagabend zum Thema Sicherheitsstrategie zusammensetzten, waren die großen Brocken längst weggeräumt.

Da ein Beitritt zur Nato aus heutiger Sicht wesentlich weniger leicht zu haben wäre als noch vor zehn oder 15 Jahren, konnte die ÖVP von der Nato-Option abrücken. Angesichts der hohen Popularität des Begriffs "Neutralität" (an dem laut Market-Umfrage 70 Prozent der Bevölkerung festhalten wollen) ist der Begriff als Ziel erneut festgeschrieben worden.

Allerdings geht das unter den Koalitionspartnern abgestimmte Papier davon aus, dass Österreich seinen EU-Partnern gegenüber solidarisch handeln wird, wenn es denn darauf ankommen sollte; und das durchaus in Zusammenarbeit mit der Nato.

Weite Teile des Koalitionspapiers befassen sich mit der Analyse des Bedrohungsbildes. Es existiert in der alten Form nicht mehr, ein konventioneller Angriff auf Österreichs Territorium ist nicht zu erwarten. Andere Bedrohungen nehmen dagegen an Bedeutung zu: Wie in den 1970er- und 1980er-Jahren muss mit Terroranschlägen gerechnet werden. Und erstmals rechnet man damit, dass die Rechner selber zum Ziel werden: Cyber-War und Cyber-Kriminalität (die ihrerseits gelegentlich von staatlichen Stellen gesteuert sein kann) werden als neue Bedrohung erkannt und festgeschrieben. Folgerungen daraus gibt es keine. Denn das Strategiepapier gibt zwar Schwerpunkte vor (etwa: weitere Einsätze auf dem Balkan und in Nahost), nicht aber die Wege dorthin.

Die umstrittene Frage, ob man die Ziele der Neutralität, Solidarität und Friedenssicherung besser mit einem Wehrpflichtigen- oder einem Berufsheer erreicht, wurde für einen späteren Streit aufgespart. Hier will sich ja Verteidigungsminister Norbert Darabos ganz auf Freiwillige verlassen, während die ÖVP ihr Heil (und das der Republik) in der Einberufung von Wehrpflichtigen sieht.

Sie will den Wehrdienst allerdings reformieren, ebenso die FPÖ, die aber erst bei der Behandlung der Doktrin im Nationalen Sicherheitsrat erstmals gefragt wird. Und dieser tagt hinter verschlossenen Türen. Die FPÖ ist daher dafür, eine Sondersitzung des Parlaments abzuhalten, ebenso das BZÖ. Dieses ist aber, wie Grüne und SPÖ gegen die Wehrpflicht.

Unterdessen wird die Diskussion um die Professionalisierung des Heeres mit einer Empfehlung des Wissenschaftsrats bereichert, der zur höheren Bildung der Offiziere eine Verteidigungsakademie (und noch keine Universität) für geeignet hält. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 1.3.2011)