Offiziell heißt es ja, ein Steilhang gilt dann als geschafft, wenn das Motorrad oben ist. So gesehen hab ich ihn gemeistert. Na Moment, ich bin ja auch oben. Zumindest der rechte Fuß. Der ist ziemlich bewegungseingeschränkt zwischen Steilhangkante und Motordeckel eingeklemmt. Oben sind also der Fuß und die WR, die lässig auf Standgas vor sich hin blubbert. Der Rest von mir hängt quasi senkrecht bergab. Aber ich lebe. Immerhin spüre ich meinen Puls im Haxen, und ich kann ihn sogar sehen – weil die verkehrte Welt um mich mit jedem Herzschlag kurz heller wird.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Vor wenigen Minuten noch war ich auf einer Besichtigungsrunde des ersten Rennens zum Enduro Masters, das hier in Wimpassing im Burgenland stattfinden wird. Enduro-Crack Joe Lechner hat mit den Enduro Masters eine neue Rennserie ins Leben gerufen, bei der es noch mehr ums Endurieren gehen soll. Darum dauern die sieben Rennen der Serie auch jeweils vier oder sechs Stunden und sind anders als die Zwei-Stunden-Rennen der ACC vor allem auf Ausdauer angelegt.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Im Rennkalender der Enduro Masters finden sich in der Offroad-Szene so legendäre Rennen wie der Sommergranitbeißer, das Enduro Pramlehen oder Thayatal-Enduro. Saisonauftakt ist aber wie gesagt im Steinbruch von Wolfgang Schraufstädter in Wimpassing. Hierher hat Rennorganisator Joe Lechner eine erlesene Auswahl an Profis und Cracks geladen – und mich als Anfänger -, um zu schauen, wie renntauglich die Strecke ist, die er gemeinsam mit Erich Brandauer abgesteckt hat.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Jetzt klingt ein Rennen, bei dem der Tower of Power die Finger in der Streckenauswahl hatte, ja streng nach: "Da zahlt es sich nicht einmal aus, dass ich den Bock anreiße!", doch weit gefehlt. Die Strecke ist eher als wunderschön als superselektiv zu bezeichnen. Es sollen ja vom echten Einsteiger bis zum Profi alle auf ihre Rechnung kommen. Da bringt es dann nichts, wenn am ersten Steilhang die Nicht-Profis geschlossen auf allen Vieren nach ihren Motorrädern und verstreuten Teilen suchen, während die Besseren über die herumliegenden Enduros drüberfräsen, als wären sie ein kleiner Kamelbuckel.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Das Beeindruckende an der rund sechs Kilometer langen Strecke in Wimpassing ist, dass sie alles beinhaltet, was sich Enduristen wünschen. Gleich nach dem Start geht es über einen Berg aus festem Sand zu einer Erdpassage mit einem kleinen Sprung und einem ordentlichen Anlieger. Nach ein paar Metern auf einer festen Schotterstraße führt die Rennrunde einen kleinen Erdhügel hinauf.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Von dort geht es 20 Meter fast senkrecht runter – unten kurz Kompression –, bevor es die gleiche Distanz auf der anderen Seite wieder rauf geht. Das wird sicher eine der Schlüsselstellen sein. Denn wer bergab zu sehr bremst, wird die Steigung nicht schaffen – und wenn die nach den ersten Runden ausgefahren ist, wird die Sache erst richtig spannend.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Aber nein, dort habe ich mich nicht ausgebreitet. Von dort bin ich noch durch das Geröllfeld gefahren, habe mich durch die Wüstensektion aus losem Sand gekämpft, bin einen der wahnsinnig schnellen und schönen Singletrails durch den Wald gefahren und hab noch einen der unscheinbar wirkenden aber gemeinen Sandhaufen bezwungen.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Hingelegt habe ich mich kurz drauf. Ein gemeines Eck. Schaut harmlos aus, ist aber für Anfänger ein wenig gefinkelt. Die Anfahrt führt über faustgroße, lose Steine. Dabei schmeißt es die Enduro wild hin und her, wenn man nicht sauber am Gas hängt. Die Auffahrt führt in einer leichten Linkskurve nach oben - ist nicht sehr steil, aber die losen Steine...

Foto: Gabriele Gluschitsch

Und hängt man dann kopfüber ins Tal, während der Fuß schmerzt und die WR droht, nachzuschauen, ob es nicht doch unten viel schöner ist, ist es auf einmal extrem steil. Ich warte noch kurz, bis das Adrenalin einschießt, weil mit normaler Kraft komm ich da heute nicht mehr hinauf, und heb mir selber die Reiben vom Haxen. Dann höre ich, wie sich ein weiterer Fahrer nähert – und vor dem will ich mir keine Blöße geben.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Ich steh schon mit der WR wieder am Streckenrand und versuche, das Frühstück in mir zu behalten, als hinter mir eine Staubwolke aufsteigt. Bin ich also doch nicht der Einzige, der sich dort vertan hat. Aber eines ist jetzt klar: Bei dem Vier-Stunden-Rennen bin ich dabei. He, vier Stunden – da schaff ich sicher drei Runden, bis das Rennen vorbei ist.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Info:

Enduro Masters:

9. April | „Stone Masters" | Wimpassing (Bgld) | 4 Stunden
2.-3. Juli | „Sommergranitbeisser" | Schrems (NÖ) | 6 Stunden
19.-21. August | „Enduro Pramlehen" | Lunz am See (NÖ) | 4 Stunden
27. August | „Enduro Masters" | Ampflwang (OÖ) | 4 Stunden
10.-11. September | „Nordwald-Enduro" | Weikertschlag bei Bad Großpertholz (NÖ) | 6 Stunden
1.-2. Oktober | „Thayatal-Enduro" | Weikertschlag an der Thaya (NÖ) | 6 Stunden
22.-23. Oktober | „Herbstgranitbeisser" | Schrems (NÖ) | 6 Stunden

Link:

Enduro Masters

Foto: Gabriele Gluschitsch