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Gebet auf dem Tahrir-Platz: Soldaten beten auf ihrem Panzer, gemeinsam mit einem Geistlichen.

Foto: Reuters/Andrews

Aber viele Revolutionäre glauben, dass Hosni Mubarak weiterhin Einfluss hat.

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Eigentlich möchte das regierende Militär keine Großaufmärsche mehr sehen. Dennoch wollten auch an diesem Freitag Zehntausende Ägypter und Ägypterinnen mit ihrer Präsenz auf dem Tahrir-Platz zeigen, dass noch nicht alle Forderungen der Revolution erfüllt sind. Umso mehr als seit Tagen das Wort Gegenrevolution die Runde macht.

Am meisten Aufsehen erregte mit seiner lauten Warnung der wohl populärste Journalist in der arabischen Welt aus der Muba-rak-Generation. Mohammed Hassanein Heikal, der seit 50 Jahren politische Analysen verfasst, hat in einem Fernsehinterview vor allem Expräsident Hosni Mubarak beschuldigt, in seiner Villa in Sharm el-Sheikh ein Zentrum der Gegenrevolution zu sein. Eine Revolution könne nur erfolgreich sein, wenn auch die tiefsten Fundamente des Systems ausgegraben würden, betonte Heikal.

Mubarak hat offensichtlich immer noch Kontakt mit Leuten, die auch jetzt noch an der Macht sind. Zwar sitzen zahlreiche Minister hinter Gittern, aber von mehreren seiner engsten Vertrauten ist bis jetzt nicht klar, wo sie geblieben sind. Deshalb gibt es viele Stimmen, die dafür plädieren, dass Mubarak Ägypten verlässt. Laut Agenturberichten soll er eine Einladung aus dem saudischen Königshaus zu einer Wallfahrt in Mekka erhalten haben.

Keine Jungen im Kabinett

Sorgen macht vielen auch die Tatsache, dass auch in der umgebildeten Regierung immer noch Leute aus der Mubarak-Zeit sitzen und die jungen Macher der Revolution nicht im Kabinett vertreten sind. Auch die Staatssicherheit ist bis jetzt unangetastet.

Ein Zentrum einer Gegenrevolution könnte auch die alte Regierungspartei NDP sein, die landesweit über drei Millionen Mitglieder und Strukturen bis ins kleinste Dorf verfügt. Sie hatte keine Ideologie, sondern war nur ein Machtinstrument. Was mit ihr geschieht, ist im Moment noch offen. Die Organisatoren der Revolution des 25. Jänner verlangen ihre Auflösung und schlagen vor, dass das Parteivermögen zu sozialen Zwecken verwendet wird.

Im Moment versuchen vor allem die jungen Mitglieder der Partei, sich neu zu gruppieren und auf die Ursprünge zu besinnen. Ausgeschlossen wurden die Geschäftsleute, die unter der Führung von Mubaraks Sohn Gamal die Partei fest in ihrem Griff hatten und für Filz und Korruption standen. Politologen gehen davon aus, dass eine wiederbelebte NDP in freien Wahlen immer noch 25 bis 30 Prozent erreichen könnte.

Expertenregierung

Für die Demonstranten auf dem Platz bleibt der "Sturz der Regierung" , wie ihr Slogan lautet, das vorrangige Ziel. Ihnen genügt es nicht, dass ein paar neue Köpfe im Kabinett sind. Sie wollen bis zu den Wahlen eine Regierung aus Experten und nicht aus Politikern. Zudem verlangen sie weiterhin die Entlassung aller politischer Gefangener und die Aufhebung des Ausnahmezustands.

Aber es gibt auch Optimisten. Man solle Heikal nicht so ernst nehmen, meinen Studenten auf dem Platz, die ihre selbstproduzierten Revolutions-T-Shirts verkaufen. "Gerüchte gibt es viele, aber Beweise für eine Gegenrevolution haben wir noch keine gesehen" , sagen sie. Die Armee hat jedenfalls auf die Befürchtungen reagiert und in einer Mitteilung auf ihrer Facebook-Seite noch einmal betont, dass es kein Zurück in die Vergangenheit gebe. (Astrid Frefel aus Kairo /DER STANDARD, Printausgabe, 26.2.2011)