Nach einem jahrelangen Wettstreit um einen Milliardenauftrag der USA hat der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS gegen seinen US-Rivalen Boeing verloren. Die US-Regierung vergab den Auftrag zum Bau von 179 Tankflugzeugen am Donnerstag an den heimischen Hersteller Boeing.

EADS gab am Freitag nicht bekannt, ob der Entscheid des Pentagons rechtlich angefochten werden wird. EADS-Chef Louis Gallois sagte, er sei perplex; sein Unternehmen werde am Montag die Gründe der Niederlage analysieren. Das Mutterhaus von Airbus gab in einem offiziellen Statement seiner "Enttäuschung und Besorgnis" Ausdruck. Die Verlautbarung erfolgte in Arlington, dem Sitz der nordamerikanischen EADS-Niederlassung. Damit sollte unterstrichen werden, dass der europäische Luftfahrts- und Rüstungskonzern bereits in den USA tätig ist und dort nach eigenen Angaben insgesamt elf Mrd. Dollar (acht Mrd. Euro) erwirtschaftet, was 200.000 Arbeitsplätze sichert.

"Verpasste Chance"

Vonseiten der beteiligten Regierungen ließ die deutsche Kanzlerin Angela Merkel über ihren Sprecher verlauten, sie bedaure die Entscheidung, werde aber nicht persönlich intervenieren. Sie sprach von einer verpassten Chance, die transatlantischen Beziehungen zu stärken. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy äußerte sich vorerst nicht.

Diese politischen Reaktionen waren einiges zurückhaltender als Ende 2008, als das Pentagon einen bereits erfolgten EADS-Zuschlag zurückgenommen hatte. Der politische Entrüstungssturm in Europa hatte immerhin zu einer Neuausschreibung geführt.

EADS North America gibt aber die Hoffnung nicht auf. Ralph Crosby, der Direktor der US-Tochter, erklärte, der bewährte KC-45-Tanker der Europäer weise "überlegene Fähigkeiten" auf, während das Konkurrenzprojekt von Boeing erst auf dem Papier bestehe. Er kündigte an, nun eine "Diskussion mit der US-Luftwaffe über die Gründe für diesen Entschluss" zu suchen. Ob sich daran ein Rekurs knüpfen wird, ließ er aber offen. Bei einem so komplexen Programm werde die "Bewertung etwas Zeit in Anspruch nehmen" , meinte er.  (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26./27.2.2011)