"Out of the dark": Thomas Maurer holt in seinem neuen Programm einen Austro-Promi zurück ins Rampenlichlicht.

Foto: Lukas Beck

STANDARD: Robert Palfrader, Florian Scheuba und Sie hatten einen unglaublichen Erfolg mit den Abhörprotokollen. Wird man angesichts der Dialoge von Grasser, Meischberger und Plech als Kabarettist nicht überflüssig?

Maurer: Nein. Es ist ja nicht gesagt, dass den Herren noch einmal so ein Wurf gelingt. Wir werden damit auch nicht auf Tour fahren. Denn wir könnten das nicht auf Dauer mit freiem Eintritt machen. Und es wäre deppert, dem Meischberger Tantiemen zu zahlen. Uns war es als Staatsbürger und Steuerzahler einfach ein Anliegen, die Geschichte mehr in den Fokus zu rücken. Wenn man den Protokollen Bühnenleben einhaucht, macht man die Zusammenhänge unmittelbar nachvollziehbar: Man ist beeindruckt, wie dreist diese Geschäfte gelaufen sind.

STANDARD: Das Metier ist Ihnen ja nicht neu: In Ihrem Programm "Neue Selbstständigkeit" spielten Sie einen FPÖ-Staatssekretär.

Maurer: Ich war damals, 2003, baff, welchen Wahnsinn ich erzeugen kann, wenn ich die Geschichte der FPÖ der letzten zwei Jahrzehnte auf 90 Minuten verdichte. Man musste das nur nacherzählen. Der komische Schauer entstand schon dadurch, dass man als Zuhörer das alles geballt um die Ohrwascheln g'haut kriegt.

STANDARD: Ihr Programm war ja eine massive Kritik an der FPÖ. Wenn ich mir Straches Erfolge anschaue: Hat es etwas bewirkt?

Maurer: Es war zumindest nicht von einem unmittelbaren Erfolg gekrönt. Für mein neues Programm Out of the dark habe ich Teile von Dschungel eingearbeitet. Damals, 1995, war die Situation eine ähnliche: Schwarz-Blau lag in der Luft, wurde nach dem mäßigen Wahlergebnis beider aber nochmal aufgeschoben. Das hat sich erstaunlich gut adaptieren lassen. Aber das heißt nicht, dass ich darüber froh bin.

STANDARD: Worum geht es in "Out of the Dark"?

Maurer: Ich spiel einen verkrachten Austro-Promi mit ein paar der üblichen Skandalgeschichterln. Er versucht ein Comeback, entschuldigt sich bei seinem Publikum: Er versucht zu erklären, wie es wirklich war. Der Titel gefällt mir auch deshalb, weil ich Texte verwende, die schon lange nicht mehr das Licht gesehen haben. Ich hatte mir nämlich auferlegt, dass aus jedem meiner Programme eine Passage drin sein muss.

STANDARD: Ist der Sinn des Best of nicht, es sich einfach zu machen?

Maurer: Schon. An sich bin ich a faule Sau. Aber mir ist das Temperament dazwischengekommen. Wenn ich etwas mach, dann muss es auch mich selber überzeugen. Das Programm ist daher dramaturgisch so stringent gebaut, dass man denken könnte, es ist von Anfang an so geschrieben. Ich hab im Endeffekt drei Monate daran gearbeitet. Da hätte ich gleich ein neues Programm schreiben können.

STANDARD: Ist es schwierig für Sie, eine neue Figur zu erfinden?

Maurer: Ich geh da pragmatisch vor. Bei Menschenfreund wollte ich die Lahmarschigkeit der in die Jahre gekommenen links-alternativen Szene thematisieren - und dafür eine Figur mit einer Biografie erfinden. Aber dann ging mir auf, dass ich in der öffentlichen Wahrnehmung eh ein gehobener Gutmensch bin. Daher hab ich mir viele Meter gespart und die Aufgabe der eigenen Person übertragen. Bei Aodili ging das nicht. Den Gschwandtner, einen Mühlviertler, musste ich mir richtig erarbeiten - auch sprachlich. Bei Out of the dark hab ich nur die Idee der Figur von Dschungel übernommen. Sie ist ganz anders angelegt.

STANDARD: Stand ein Promi Modell?

Maurer: Nein. Es geht eher darum, wie unglaublich patschert manche mit Medien umgehen. Wenn sich Wolfgang Ambros beim Grünschnitt-Verbrennen selbst in Brand setzt, empfängt er danach News. Oder wenn sich Rainhard Fendrich scheiden lässt, schämst du dich mit ihm. Es geht um Schas-Geschichten: Man wird mit Koks erwischt und so. Mein Interesse an Promis ist ein abstraktes: Ich bin verblüfft, dass sich die Leute dafür interessieren, wenn Cindy Crawford aus dem Auto aussteigt und Leonardo DiCaprio mit einem Sackl aus dem Geschäft kommt. Wahrscheinlich gibt es in jedem Menschen die Sehnsucht nach Expertentum. Das beginnt bei den Kindern, die alle Pokemons auswendig kennen. Und weil die Welt groß und komplex ist, beschränkt man sich auf einen Ausschnitt. Man konzentriert sich auf die Fußballbundesliga - oder auf 200 Celebrities. Und dort kennt man sich dann echt aus.

STANDARD: Gilt das nicht auch für Sie - als Weinkenner?

Maurer: Ich beschäftige mich seit 20 Jahren mit Wein, bin mit etlichen Winzern befreundet. Da ist man schnell einmal in der Schnösel-Ecke. Aber das halte ich aus.

STANDARD: Kann man saturiert und gesellschaftskritisch sein?

Maurer: Ich könnte meine guten Weine in Milchpackerln umfüllen und sie bei heruntergelassener Rollo trinken. Aber ich wüsste nicht, wem damit gedient ist. Ich könnte es auch ganz bleiben lassen und alles, was ich dadurch einspare, karitativen Zwecken spenden. Aber so gut bin ich nicht. Es geht um eine Balance.

STANDARD: Der "Kurier" legt keinen Wert mehr auf Ihre Medienmenage. Sie sind ein Einsparungsopfer?

Maurer: So wurde es mir kommuniziert. Und dass sie jetzt noch mehr Leute raushauen, bestätigt das. Ich hab das 15 Jahre gemacht, die Kolumne hat ihre Fans gehabt. Ob es aber gescheit war, die paar Netsch an der Stelle zu sparen?

STANDARD: Sie sind ja nicht unterbeschäftigt. Dass Sie aufhören mussten, tat trotzdem weh?

Maurer: Doch. Ich laufe ja mit dem Etikett herum, einer der wenigen "politischen Satiriker" zu sein. Man verwechselt dabei natürlich Politik und Innenpolitik. Aber es stimmt: Ich war immer am tagespolitischen Kommentar interessiert. Das konnte ich ganz gut in diesem Wochenformat ausleben. Im Standard zu schreiben, tät mir auch gefallen. Aber das macht ja jetzt der Scheuba.

STANDARD: Musste die Satiresendung "Welt ahoi!", die Sie mit Martin Puntigam und anderen machten, auf Ö1 scheitern?

Maurer: Nein, wir sind Ö1-affin und wir haben Welt ahoi! speziell für Ö1 gemacht. Der Ausstrahlungszeitpunkt war natürlich eine Krux, weil die Leute, die wir erreichen wollen, nicht am Sonntag um halb zehn Uhr Radio hören. Und man musste konzentriert zuhören. Das geht beim Frühstück nicht - mit Kind und Hund. Aber: Wo, wenn nicht auf Ö1, soll man etwas machen, wo man 25 Minuten zuhören muss? Es gibt ja kaum etwas Bereicherndes, das nicht auch schwierig ist. Zum Beispiel dreimal pro Woche Sport betreiben. Aber man hat Welt ahoi! offenbar nicht mehr als Bereicherung empfunden.

STANDARD: "Lesen mit Thomas Maurer" gibt es auch nicht mehr.

Maurer: Ich und der Sonntagvormittag sind offensichtlich keine gute Kombination. Die Sendung ist sang- und klanglos in den Wirrnissen der größten Programmreform aller Zeiten untergegangen.

STANDARD: "Die4da" wurde leider nicht fortgesetzt, nun hat Alfred Dorfer mit seinem "Donnerstalk" aufgehört. Verabschiedet sich der ORF von der kritischen Satire?

Maurer: Nein, die große Entsatirisierung ist nicht angesagt. Wir sind mit dem ORF über ein Projekt im Gespräch. Aber es ist noch nicht fix. Und daher red ich nicht darüber. (Thomas Trenkler, DER STANDARD - Printausgabe, 26./27. Februar 2011)