Innsbruck - Stand nach einem Lawinenunglück mit Schwerverletzten oder Toten auf einem Hang mit Lawinenwarnstufe 4 ein Bergführer vor Gericht, mussten sich Richter bei der Beurteilung von Lawinen auslösenden Schneeschichten oder Verfrachtungen bisher meist auf Sachverständige verlassen. Viele Richter seien aber mit diesem alpinen Spezialwissen überfordert, wurde bereits seit Jahren kritisiert.

Seit Februar ist deshalb am Landesgericht Innsbruck ein eigenes Alpingerichtsreferat eingerichtet. Die "Sonderzuständigkeit alpin" bekommt Berg-, Ski-, Lawinen- und Kletterunfälle übertragen. Geleitet wird die Stelle von einem Strafrichter mit Alpinausbildung. Norbert Hofer ist nicht nur Jurist, sondern auch Leiter der Bergrettung Telfs. Für Hofer sind Fachleute zur Beurteilung eines Lawinehanges oder einer Piste nach einem Unglück unerlässlich.

In der vergangenen Wintersaison 2009/2010 starben auf Österreichs Skipisten und im "organisierten Skiraum" 45 Menschen. 39 davon kamen bei einer Lawine ums Leben. Laut Statistik des Kuratoriums für Alpine Sicherheit starben von 1. November 2009 bis 30. Oktober 2010 insgesamt 33 Tourengeher und 18 Variantenfahrer. Der Großteil der tödlichen Alpinunfälle in dieser Zeit (306) ereignete sich beim Wandern beziehungsweise Bergsteigen (99).

Glimpfliche Zwischenfälle

In der heurigen Saison sorgten gute Pistenbedingungen für großteils glimpfliche Zwischenfälle, erklärt Hanno Bilek vom Kuratorium. Seit 1. November 2010 starben fünf Menschen - je zwei wegen Stürzen in Tirol beziehungsweise Herzproblemen und einer bei einer Kollision in Salzburg. Zwei Menschen kamen bei Lawinenabgängen in Tirol und Salzburg ums Leben. Erfasst sind in dieser Statistik alle Fälle, bei denen die Alpinpolizei alarmiert wurde.

Im "organisierten Skiraum" kam es in der vergangenen Saison zu 3480 Unfällen mit dem Verdacht auf Fremdverschulden, heißt es beim Kuratorium. Es wird davon ausgegangen, dass 90 Prozent der Unfälle selbst verschuldet werden und nur acht bis elf Prozent durch Kollisionen mit Personen, Absperrungen, Geräten oder Bäumen zustande kommen. Der Großteil der Beteiligten an Unfällen auf Pisten stammte aus Deutschland (2275), gefolgt von Österreichern (1586). Auch 444 Niederländer, 175 Briten, 166 Tschechen und 105 Dänen waren laut Kuratorium in Kollisionen involviert. Elf- bis 20-Jährige waren mit einem Anteil von 22 Prozent am häufigsten beteiligt, gefolgt von 41- bis 50-Jährigen (19 Prozent) und 21- bis 30-Jährigen (15 Prozent). In Tirol, Salzburg und Vorarlberg kommt es zu den meisten Unfällen. (ver/DER STANDARD-Printausgabe, 24.2.2011)