Anreise von Wien nach Paris mit dem Flugzeug zum Beispiel mit Flyniki nach Paris Charles de Gaulle.
Mit der Bahn nach Paris Est je ein Tag- und ein Nachtzug, 14 Stunden ab rund 310,80 Euro; CityStarTicket am Wochenende 206,40, für 2. bis 5. Person auf dem Ticket je 129,60. Pauschalangebote unter: www.railtours.at.

Anreise mit dem Auto: Mit dem Wagen: Salzburg-München-Karlsruhe-Straßburg-Metz- Reims, ca. 1250 Kilometer. In Frankreich fallen Autobahngebühren an. Allg. Infos bei der französischen Zentrale für Tourismus: 01/503 28 92, info.at@franceguide.com

Foto: ATOUT FRANCE/Franck Charel

Chinatown im 13. Arrondissement, zu erreichen mit der Metrolinie 7 bis Place d'Italy, Tolbiac oder Maison Blanche oder mit Bus 83 bis Place d'Italy; Man übernachtet gut im Hotel des Gobelins, Übernachtung ab 98 Euro für das DZ; ostasiatische Küche in der Brasserie Hawai, 87, av. d'Ivry. Außerdem dutzende authentische chinesische, vietnamesische, laotische und kambodschanische Restaurants im Bereich Les Olympiades; berühmteste Spezialität: kambodschanische Pho-Suppe. Unbedingt sehenswert das buddhistische Heiligtum in der Rue du Disque (av. d'Ivry) sowie die großen chinesischen Supermärkte.

Bild: Feier zum kambodschanischen buddhistischen Neujahr.

Foto: ATOUT FRANCE/Pascal Grèboval

Selbst Taxifahrer in Paris tun sich mitunter schwer mit einer Antwort auf die Frage nach der Rue du Disque. Dieses nur wenige hundert Meter lange von der Avenue d'Ivry im 13. Pariser Arrondissement abzweigende Gässchen verläuft im Wesentlichen durch - eine Tiefgarage. Und dort, im Dunkeln zwischen geparkten Autos und großen Müllcontainern, führen ein paar leuchtend rote Lampions den Besucher keineswegs in einen Sündenpfuhl, sondern geradewegs zu einer der kuriosesten Attraktionen der Seine-Metropole: einem buddhistischen Tempel, einem ganz versteckten Heiligtum. Ein paar Stufen geht es hinauf, dann steht man in einem fensterlosen Raum, an dessen Wänden Papierfähnchen mit chinesischen Schriftzeichen aufgehängt sind und in dem goldene Buddhastatuen in mystisch beleuchteten Nischen lächeln.

Duftende Schwaden von Sandelholzrauch hängen unter der Decke, Männer sind in ein Mah-Jongg-Spiel vertieft, alte Chinesinnen kommen herein, zünden Räucherkerzen an, beten knieend vor den Altären, vor denen große Schalen voller exotischer Früchte stehen: Mangos, Bananen, Papayas, Rambutanfrüchte. Manchmal treffen sich alte Männer hier und musizieren auf traditionellen südostasiatischen, vor allem aber chinesischen Instrumenten.

Der Tempel in der Tiefgarage ist Heiligtum und Gemeindezentrum des wohl exotischsten und gleichzeitig geschlossensten ethnischen Viertels der französischen Hauptstadt - von Chinatown. Zwischen Rue Nationale und Boulevard Massena, den Avenuen d'Ivry und Choisy entstand in den letzten 40 Jahren die angeblich größte asiatische Gemeinde Europas, die bedeutendste europäische Chinatown. Es sind vor allem Nachfahren von Chinesen aus Vietnam, Laos und Kambodscha, also dem einstigen französischen Kolonialreich in Hinterindien, die diesem Viertel ihren Stempel aufdrücken. Hier leben die früheren Reisbauern aus den Dörfern des ehemaligen Indochina und ihre Enkel, die den Mekong allenfalls aus dem Geografieunterricht kennen.

Die Entstehung der Pariser Chinatown ist untrennbar verbunden mit dem Schicksal der "Boat-People". Als die kommunistischen Truppen Saigon besetzten, flohen hunderttausende Vietnamesen, Kambodschaner und Exilchinesen aufs Meer. Rund 20.000 von den damals Geretteten kamen in das 13. Pariser Arrondissement, schlüpften bei Verwandten unter. Inzwischen leben hier rund 70.000 Menschen indochinesischer Herkunft, es ist, als ob die große Mutter Paris ihre exotischen Kinder zu sich genommen hätte. Seit den späten Siebzigerjahren ist diese Gegend ein einziger asiatischer Schmelztiegel, dessen klobige, oft mehr als vierzig Etagen hohen Wohntürme und - Blocks dem Ganzen den herben Charme einer Vorstadtsiedlung geben. Doch es gibt auch stille, idyllisch wirkende Gassen, in denen blühende Schlingpflanzen an den Häusern emporranken und alte, schmiedeeiserne Laternen an längst vergangene Zeiten erinnern.

Wo immer man auf einen zentralen Innenhof vordringt, sieht man sich Pavillons gegenüber, die fernöstliches Flair verbreiten. Geschäfte und Restaurants lassen am Abend bunte chinesische Neonbuchstaben leuchten. Reisebüros bieten Reisen zu den Wundern Chinas oder zu den Kaiserstädten Vietnams an, aber auch ein Wochenende in Lourdes.

Herz von Chinatown ist der Komplex Les Olympiades. Auch wenn die Wohnhochhäuser "Oslo", "Helsinki" oder "Amsterdam" heißen, hier fühlt man sich wie in Saigon oder Hanoi, in Phnom Penh oder Vientiane, in Hongkong oder Singapur. Hier reihen sich dutzende und aberdutzende von chinesischen und vietnamesischen, kambodschanischen und laotischen Restaurants aneinander. Manche sind Schnellrestaurants in der Art fernöstlicher Garküchen, dann wieder lässt der Blick ins Innere des Lokals ahnen, dass hier Exquisites aufgetischt wird. Doch das Studium der ausgehängten Speisekarten macht Schwierigkeiten. Natürlich sind die Karten mehrsprachig - Chinesisch, Vietnamesisch, Kambodschanisch oder Laotisch und natürlich Französisch. Doch bei den meisten Beschreibungen versagt die Fantasie, wird man sich überraschen lassen müssen. Längst wissen die Pariser selbst, dass man nirgends in der Stadt so authentisch, gut und vor allem preiswert asiatischer Küche frönen kann wie in den Lokalen an den Avenuen d'Ivry, Choisy und d'Italy oder der Rue Tolbiac.

Und so sind es denn vor allem Einheimische aus Paris, die neben den hier lebenden Asiaten am Abend die Restaurants bevölkern und gern "Pho" genießen, das pikante vietnamesische Nationalgericht. Glasnudeln und hauchdünne Scheibchen Rindfleisch schwimmen in der in mächtigen Schüsseln aufgetragenen Bouillon, Minzkraut und Zitronengras, Sojasprossen, Chili oder Zitrone werden in Körbchen mit aufgetragen, damit sich ein jeder nach Geschmack bedienen kann.

Zufriedene Gesichter überall an den Tischen, wo in großen Schüsseln Nudelsuppe oder Huhn mit Zitronengras aufgetischt wird. Schlürfen ist angesagt dabei, denn den Inhalt der Suppe fingert man mit Stäbchen heraus, deren Gebrauch auch wir Unkundigen sehr schnell lernen, während der flüssige Teil laut geschlürft wird. Mit einem europäischen Löffel ist man da arg hilflos.

In den Konditoreien gibt es Blätterteigtaschen mit Durianfüllung oder Mondkuchen mit Soja, in den Schaufenstern kleiner Imbisslokale hängen gebratene Tauben und lackierte Enten.

Stinkfrüchte im Hinterhof

Zwischen den Restaurants breiten sich die Supermärkte der "Tang-Frères"-Kette aus. Der größte Supermarkt von ihnen, in einem ehemaligen Lokschuppen der SNCF, der französischen Staatsbahn, in einem Hinterhof eingerichtet, gilt als der größte asiatische in Europa. In einem Regal neben dem anderen sind hier Glasnudeln und getrocknete Pilze, höllisch scharfe Saucen und dann wieder Gewürzkräuter oder Gemüsesorten gestapelt, deren Namen wir noch nie gehört haben. In einem Hinterhof stapeln sich Berge von Durian, der berüchtigten Stinkfrucht, die so gut schmeckt. Des infernalischen Geruchs wegen, den sie verströmen, werden sie nicht im Inneren der Märkte verkauft.

Mitunter sind die Waren so original, dass sie nur mit chinesischen Schriftzeichen oder vietnamesischen Worten beschriftet sind. Ratlosigkeit macht sich breit. Aber was in dieser Fülle in den Regalen angeboten wird aus allen Regionen Südostasiens, aber auch der Karibik oder Südamerikas, ist weder in London noch Amsterdam, kaum auf Wiens Naschmarkt oder Münchens Viktualienmarkt zu finden.

Dann wieder locken "Les Merveilles d'Asie", die Wunder Asiens. Unter der niedrigen Decke steht der Duft von Räucherkerzen, rote Drachen speien gelbe Papierflammen, und vor einer vietnamesischen Hochzeitstruhe räkelt sich eine Porzellankatze so behäbig und breit lächelnd, als ob Buddha selbst in das Tier geschlüpft wäre. (Christoph Wendt/DER STANDARD/Printausgabe/19.02.2011)