Auch Österreich leistet seinen Beitrag zur Lösung der politischen und sozialen Krise in Nordafrika: Baumeister Lugner will die in die Prostitution und den Diebstahl abgerutschte junge Marokkanerin Karima Al-Mahroug alias "Ruby Rubacuori" als Stargast für den Opernball, den österreichischen Staatsball. Während es in ihrem Geburtsland gewalttätige Demonstrationen mit Todesopfern gibt, wird Karima al-Mahroug zumindest temporär aus der Hand des unwürdigen Greises Berlusconi in die des unwürdigen Greises Lugner wechseln.

Zu erwarten ist - wenn sie wirklich kommt - ein Schauspiel von geradezu exquisiter Vulgarität, für das eine 18-Jährige, um die sich eher die Jugendwohlfahrt kümmern sollte, noch am wenigsten kann. Das eigentlich Erschreckende ist die Verlotterung des öffentlichen Lebens, die mit derlei einhergeht. Der geistige Schulterschluss mit Berlusconistan ist dann endgültig vollzogen.

Zum Glück wird die Ehre Österreichs von einem kleinen Teil der heimischen Öffentlichkeit gerettet, die einer zunehmend zynischen, dysfunktionalen und feigen Politik auf die Finger sieht. Die Rede ist von prominenten Einzelpersonen und NGOs, die zwar seit Jahren gegen die Fehlleistungen der Politik (und Justiz) protestieren, die aber nun offenbar zu einer verstärkten Vernetzung finden.

Zuletzt hat sich eine breite Front aus linken, liberalen und liberal-katholischen Organisationen zusammengefunden, um auf die schleppende Verfolgung neo-nazistischer Umtriebe durch die Staatsanwaltschaften von Linz und Wels aufmerksam zu machen. Im August 2009 wurden zwei wahlwerbende Gruppen, die "Nationale Volkspartei" (NVP) und die "Bunten" von den Landtags-und Gemeindewahlen ausgeschlossen. Das Verfahren nach dem Wiederbetätigungsgesetz schleppt sich jedoch bis heute. Dagegen machten nun die SPÖ Oberösterreich, die Grünen, der ÖGB, das Mauthausen-Komitee, das Antifa-Netzwerk in OÖ und die Kultusgemeinde mobil.

Die manchmal laxe Haltung gegenüber dem Rechtsextremismus findet ihre Entsprechung in der ständigen Verschärfung des Fremdenrechts, mit denen die regierende Parteien SPÖ und ÖVP (vergebens) versuchen, der FPÖ das Wasser abzugraben.

"Niederträchtig, bösartig und feig" sei der Plan des Innenministeriums, Kinder entweder mit ihren Eltern in Schubhaft zu nehmen oder den Behörden zu übergeben, sagt der Generalsekretär von Amnesty International, Heinrich Patzelt. Nun sollen die Kinder doch bei ihren Eltern bleiben. Aber dass derlei überhaupt bis ganz knapp vor der Beschlussfassung im Ministerrat im Gesetz bleibt, weist auf eine fundamentale Schwäche hin: Die einschlägigen Gesetze werden von Polizeijuristen nach den Bedürfnissen der Polizei gemacht, mit politischer Vorgabe, möglichst "streng" zu sein. Humanitäre NGOs wie Caritas, Diakonie, SOS Mitmensch, UNHCR, SOS-Kinderdörfer etc. werden nicht beigezogen.

Sie - und Promis wie Josef Hader, Robert Palfrader, Florian Scheuba und Gregor Seberg - arbeiten aber zäh an der Schaffung eines anderen politischen Klimas im öffentlichen Leben von Lugner-Land. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2011)