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Sozial Global "gehört" den Wiener SP-Frauen (Reante Brauner, links, und Nicole Krotsch).

Fotos: APA/Hochmuth, SPÖ Wien, Montage: Redaktion

Wien - "Zufriedene MitarbeiterInnen, die gerne ihren Beruf ausüben und auch über längere Zeiträume dem Beruf und der Firma erhalten bleiben, sind unser kostbarstes Gut (...)" - so steht es auf der Homepage von Sozial Global, einem großen Wiener Pflegedienstleister mit mehr als 800 MitarbeiterInnen. Eben diese erleben die Realität im Unternehmen derzeit ganz anders. Freunderlwirtschaft, Dienstplanchaos und knallharte Personalpolitik sollen auf der Tagesordnung stehen. Und es handelt sich nicht um irgendeinen Pflegeanbieter: Sozial Global ist eine Aktiengesellschaft, deren Alleinaktionär der Verein Sozial Global ist. Der wurde wiederum 1957 von den Wiener SP-Frauen gegründet. Vorsitzende ist derzeit Nicole Krotsch, Frauensekretärin und Gemeinderätin der Wiener Sozialdemokraten.

Die Sozial Global AG, die in der Heimpflege etwa 2500 KlientInnen betreut, greift nun zu einer drastischen Maßnahme: 385 MitarbeiterInnen wurden beim Arbeitsmarktservice zur Kündigung angemeldet. Dabei ist das Unternehmen gar nicht daran interessiert, MitarbeiterInnen abzubauen - im Gegenteil, auf der Homepage werden sogar welche gesucht. Es handelt sich bloß um Änderungskündigungen, welche für einzelne MitarbeiterInnen laut Berechnungen der Gewerkschaft vida einen Einkommensverlust von 3000 Euro im Jahr bedeuten könnten; bei einem durchschnittlichen Nettomonatsgehalt der Betroffenen von 1300 Euro.

Vereinsvorsitzende Krotsch spricht von "Umstiegsangeboten" in den neuen Kollektivvertrag, der mit der Gewerkschaft ausverhandelt worden sei. Ziel des Unternehmens sei es, alle Arbeitsplätze zu erhalten, sagte sie dem Standard. Letztlich ginge es um "gerechtere Verträge", und jede Mitarbeiterin werde im Zuge dieses "Umstiegs" beraten. Wer sich der Änderungskündigung verweigert, ist freilich ab dem 1. April arbeitslos.

Mangelhafte Dienstpläne

Grund für diese Maßnahmen sollen finanzielle Probleme sein. Genaue Auskünfte erhielten die MitarbeiterInnen der Sozial Global AG dazu nicht. Der Betriebsratsvorsitzenden Leopoldine Frühwirth fielen andere Einsparungsmöglichkeiten ein. Sie berichtet etwa von mangelhafter Dienstplangestaltung: So habe eine Mitarbeiterin bei der Heimpflege in einem Haus im ersten Bezirk zufällig eine Kollegin angetroffen, die dort ebenfalls jemanden betreut hat - und dafür extra aus dem 23. Bezirk anreisen musste.

Zudem ist die Rede von Freunderlwirtschaft: Ein Ehemann eines Vorstandsmitglieds soll für Sozial Global als Unternehmensberater tätig gewesen sein, der Bruder einer ehemaligen Vorstandsvorsitzenden als Architekt. "Wer die SPÖ in Wien kennt, weiß, dass es gang und gäbe ist, gewisse Menschen zu bevorzugen", sagte Thomas Stöger (FSG), Wiener Landesgeschäftsführer der vida, am Dienstag vor JournalistInnen.

"Vergleichbar bleiben"

Susanne Schaefer-Wiery, Geschäftsführerin von Sozial Global, will zwar nicht ausschließen, dass Fehler passiert seien; grundsätzlich würden die TeamleiterInnen aber "sehr sorgfältig" arbeiten. Andere Pflege-Unternehmen hätten den Umstieg auf den neuen Kollektivvertrag längst vollzogen, und es gehe für Sozial Global darum, "in der Branche vergleichbar zu bleiben". Ein Teil der MitarbeiterInnen würde derzeit 15 oder 15,5 Monatsgehälter bekommen. Schaefer-Wiery: "Da ist eine Vereinheitlichung notwendig."

Gewerkschafter Stöger forderte die SPÖ-Frauen auf, die Kündigungen zurückzunehmen und erneut zu verhandeln. Und er verwies darauf, dass "die Geschäftsleitung von Sozial Global nicht einen Schritt ohne die politische Beratung der SPÖ-Frauen macht". Vorsitzende der roten Wiener Frauen ist Vizebürgermeisterin Renate Brauner. Sie war am Dienstag für den Standard nicht erreichbar. (Andrea Heigl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.2.2011)