Breitband-Internet im Flugzeug

Foto: DER STANDARD
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In mancher Hinsicht ist Internet wie Luft oder Wasser, das in jeden Raum eindringt und ihn restlos ausfüllt. Noch gar nicht so lange ist es her, da war das Netz nur dort, wo es Leitungen und spezielle Ausrüstungen gab. Kaum versah man es sich konnte man fast überall surfen, im Auto wie in der U-Bahn, in der Stadt oder in den Bergen. Nur die Flieger über den Wolken erwiesen sich als resistent.

Dabei konnte der STANDARD bereits Anfang 2003 Internet an Bord eines Lufthansa Jumbos auf dem Weg nach Washington ausprobieren. Für ein paar Jahre gab es dann auf den meisten Langstreckenflüge der deutschen Airline Flynet. Bis der damalige Partner Connexion by Boeing quasi über Nacht den Stecker bei den defizitären Satellitenverbindungen für die 69 Langstreckenflieger zog.

Neuer Anlauf

Jetzt unternimmt Lufthansa einen neuen Anlauf: Seit wenigen Tagen ist Flynet II in den Regelbetrieb gegangen, nach erfolgreichen Testflügen in den vergangenen Wochen. Auf den Nordatlantik-Routen wird Internet an Bord angeboten, wenn man gerade einen der bereits ausgerüsteten 17 Jets der Airbus 330/340-Familie erwischt, erklärt Christian Körfken, bei Lufthansa für Flynet verantwortlich. Bis Ende März werden 20 Flieger online sein, bis Ende des Jahres 70. Ziel ist es, die gesamte Langstreckenflotte mit 102 Fliegern (und kommende Neuzugänge) ins Netz zu bringen.

Etwa zehn Minuten nach dem Start der Lufthansa 444 von Frankfurt auf dem Weg nach Atlanta, in 3000 Meter Höhe, ist nur wenig davon zu merken, dass man nicht daheim ist. Ein mitgebrachtes iPad ist online, Mail und Webseiten laufen Mühelos. Die Latenzzeit (das Warten auf die Reaktion des Servers) ist eine Spur länger, Merkmal der Satellitenverbindung. Beim Skypen (offziell nicht gestattet, um die Nerven der Sitznachbarn zu schonen) gibt es kleine Pausen, aber kristallklaren Ton. Skype-Video ist so lala, Facetime-Video auf dem iPhone hingegen gut.

Selten vergehen Flugzeiten so rasch wie online

Während manche beklagen, dass mit dem Einzug von Internet an Bord eines der letzten unvernetzten Refugien verloren geht ist auch anderes zu bemerken: Selten hat man soviel Ruhe beim Surfen wie auf neun Stunden Flug. Und selten vergehen Flugzeiten so rasch wie online.

Die Verbindung klappt genau so wie bei einem Hotspot im Kaffeehaus - denn das ist sie auch, sagt Martin Schlieker von der Deutschen Telekom, die als Provider fungiert: "Jedes Flugzeug ist im Grunde nur ein weiterer Hotspot, den wir anschalten." Wer sein Notebook, iPad oder Smartphone in Betrieb nimmt landet auf einer T-Mobile-Startseite: 24 Stunden um 19,95 Euro, 10,95 für eine Stunde, 1,79 Euro für zehn Minuten. Bezahlt wird mit Kreditkarte, Lufthansa-Meilen oder über die Telefonrechnung. Das Angebot ist klassenlos: Sowohl First als auch Business und Eco können sich einloggen.

Beträchtlicher Aufwand

Der Aufwand, um aus dem Flieger einen Hotspot zu machen, ist nicht unbeträchtlich. Drei bis vier Wochen dauert es, um auf dem Buckel des Fliegers zwei bewegliche Antennen einzusetzen, Server einzubauen und das drahtlose Netz zu installieren. Bei früheren Flynet-Jets dauert es vier bis fünf Tage um aufzurüsten, sagt Körfken. Für die Satellitenanbindung sorgt Panasonic Avionics: Drei geostationäre Satelliten braucht es bis zur US-Ostküste, vier in den Westen, was zwei bzw. drei Handovers bedeutet - etwa zwei Minuten verzögerte Verbindung. In der Kabine gibt es bis zu fünf Megabit im Download, 0,5 Megabit im Upload - wenn viele gleichzeitig online sind geht das Tempo zurück. 30.000 User hatte Flynet I in guten Monaten, die Lufthansa rechnet mit ähnlicher Auslastung zum Start, aber die Internetentwicklung seit Ende 2006 (als Boeing den Kanal abdrehte) legt eher stärkere Frequenz nahe.

Hinterherflieger

War Lufthansa bei Flynet I eine der ersten Airlines mit Internet an Bord, so fliegt sie diesmal einigen Konkurrenten hinterher. Emirates verzeichnet demnächst seinen fünfmillionsten User - allerdings kann man bei Emirates nur telefonieren und SMS verschicken, ein Datendienst soll erst folgen. Eine Reihe von US-Airlines bieten wiederum Internet, das über Bodenstationen versorgt wird - eine technische Option, die sich möglicherweise auch in Europa anbietet, nicht aber interkontinental. Satellit und Verteilung über WiFi in der Kabine sei die einzige Version, die "wirkliches Breitband" anbietet, sagt Lufthansa. Bei der Austrian Airlines, die 2006 kurz davor stand gleichfalls Flynet in Betrieb zu nehmen, ist derzeit kein Angebot geplant. (Helmut Spudich über dem Nordatlantik, DER STANDARD/Printausgabe, 23.2.2011)

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