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Von den Protesten in Libyen gibt es kaum Fotos in den internationalen Agenturen. Dieses hier stammt von einem Protest vor der libyschen Botschaft in Kuala Lumpur, Malaysia. 

Foto: APA/EPA/Shamsudin

Der österreichische Handelsdelegierte in Libyen, David Bachmann, bleibt vorerst weiter im Land.

Foto: WKÖ

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Beim Stadion, das die Porr in Tripolis errichtet, wird es zu Verzögerungen kommen.

Foto: APA/Porr

Sprichwörtlich Hals über Kopf aus Libyen fliehen zu müssen - für zahlreiche heimische Firmen wurde das in den letzten Tagen bittere Realität. In Libyen, das wegen seiner Ölexporte als reichstes Land Afrikas gilt, tobt ein brutaler Machtkampf zwischen dem Regime Muammar Gaddafis und der Bevölkerung.

Von den rund 20 heimischen Unternehmen, die in Libyen in den vergangenen Jahren eine Geschäftstätigkeit aufnahmen, wurde die Lage zuletzt zunehmend als gefährlich eingestuft - sie begannen deshalb teilweise schon in der vergangenen Woche mit dem Abzug ihrer österreichischen und anderen nicht-libyschen Mitarbeiter.

Ausreise per Schiff

Auch die oberösterreichische Baustofffirma Asamer, die drei Fabriken im Osten Libyens betreibt, hat die Produktion mittlerweile völlig eingestellt. "Die Werke wurden 'kontrolliert heruntergefahren' und werden nun ausschließlich von libyschen Mitarbeitern gemanagt. Vier ausländische Mitarbeiter sind zwar noch dort - ein Österreicher, zwei Tschechen und ein Koreaner -, die vier bereiten in diesen Stunden aber ihre Ausreise per Schiff vor", heißt es aus dem Unternehmen gegenüber derStandard.at.

Grundsätzlich sei man von den Unruhen "völlig überrascht" worden, die dramatische Entwicklung war bis zuletzt nicht absehbar. Ein paar Autos wurden vom Fabriksgelände gestohlen, es gab aber bisher keine Unruhen oder gar Verletzte in den Werken. "Die Fabriken liegen etwas außerhalb der Städte und sind auch nicht Ziel der Demonstrationen", erklärt eine Sprecherin.

Ausländische Firmen nicht Ziel der Proteste

Wann die Produktion wieder aufgenommen werden kann, ist überhaupt nicht abzuschätzen, ebenso, welche Kosten durch den Produktionsausfall verursacht werden - hierzu will sich das Unternehmen mit Sitz in Ohlsdorf zu keinerlei Spekulationen hinreißen lassen. Asamer war 2008 im Rahmen eines Joint-Ventures mit dem libyschen Staatsfonds für wirtschaftliche und soziale Entwicklung für eine der größten Privatisierungen Libyens verantwortlich: Die Oberösterreicher übernahmen damals 56 Prozent der Libyan Cement Company (LCC) um rund 110 Mio. Euro. Mit 2400 Mitarbeitern in den Fabriken in Benghazi, Hawari und El Fataiah im Nordosten Libyens wird dort Zement für den lokalen Baustoffmarkt produziert.

Wie bereits am Montag berichtet, haben unter anderem auch OMV, Strabag und Porr die Ausreise ihrer Beschäftigten organisiert.

Verzögerungen bei Stadionprojekt der Porr

Die Porr AG wurde erst Ende November 2010 mit dem Bau des Stadion Tripolis, einer 50.000-Zuschauer-Arena für den "African Cup of Nations" 2013 (das afrikanische Pendant zur Fußball-EM, Anm.), beauftragt. Bei diesem 200-Millionen-Euro-Auftrag, ein Joint-Venture mit der Libyan Investment Development Company (LIDCO), werde es nun durch die jüngsten Entwicklungen zu Verzögerungen kommen, "da Porr alle eigenen Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen nach Österreich zurückgeholt hat", heißt es von Seiten des Unternehmens auf Anfrage von derStandard.at. Derzeit sei noch nicht abzuschätzen, wann die Arbeiten wieder in vollem Umfang aufgenommen werden können. Auch der türkische Partner der Porr, Renaissance Construction, fliegt seine Mitarbeiter aus Libyen aus.

Die Zusammenarbeit mit den libyschen Behörden verlief in der Vergangenheit reibungslos, bisher habe die Porr keine negativen Erfahrungen gemacht, so das Unternehmen weiter. Wie sich die Unruhen im Weiteren auf die libysche Wirtschaft im Allgemeinen auswirken werden, könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. "Derzeit ist die Lage sehr unübersichtlich und die Nachrichten zur Entwicklung in Libyen überschlagen sich. Aber natürlich haben politische Umwälzungen in diesem Ausmaß Auswirkungen auf die Wirtschaft." Das österreichische Außenministerium habe "schnell und professionell" auf die veränderte Lage reagiert, betont man, "wie schon in der Vergangenheit wurde ausgezeichnete Arbeit vom Außenministerium geleistet."

Auch das Villacher Ingenieurbüro Kronawetter hat laut dem österreichischen Handelsdelegierten in Tripolis, David Bachmann, sein vierköpfiges österreichisches Team am Montag mit der Hercules-Maschine des Bundesheeres ausgeflogen. Kronawetter plante eine Wasserversorgungsanlage in Abu-Ziyyan al Ruhaybat und hat auch die örtliche Bauaufsicht über das 80-Millionen-Euro-Projekt über.

Handelsdelegierter bleibt noch

Bachmann selbst bleibt vorerst noch in Tripolis. Er pendelt dort laut Auskunft des Sprechers der Außenwirtschaft Österreich (AWÖ), Bernhard Salzer, zwischen Innenstadt und Flughafen hin und her, um für die sich noch im Land befindlichen Österreicher die Ausreise zu organisieren. "Er kann sich mit seinem Diplomatenpass frei bewegen, kommt damit auch problemlos in den Flughafen hinein", so Salzer im Gespräch mit derStandard.at. Bachmann bleibt in Tripolis, "solange der Botschaftsbetrieb aufrecht erhalten werden kann bzw. solange die Lage nicht eskaliert".

Die Niederlassungen österreichischer Firmen in Libyen werden vorerst von libyschen Mitarbeitern weitergeführt. Mit einem Komplettabzug der Tätigkeiten wird noch zugewartet, auch deshalb, weil es diesfalls zu Plünderungen kommen könnte, wird befürchtet.

Ausländische Unternehmen seien auch nach wie vor nicht Ziel der Proteste, zumindest für Tripolis konnte Bachmann dies zuletzt noch bestätigen. In der Hautpstadt sei die Lage in der vergangenen Nacht relativ ruhig gewesen, über die anderen Landesteile hatte Bachmann laut Salzer keinerlei Informationen. (map, derStandard.at, 22.2.2011)