Liz bekommt zwar kein Gute-Nacht-Bussi. Aber auf Robs Reisen weicht sie nie von seiner Seite.

Foto: Christoph Wagner

Rob reist seit 25 Jahren immer mit seiner Frau. Auch im Februar 2011 ist sie im Flieger bei ihm. Und das, obwohl sie seit fünf Jahren nicht mehr lebt. Rob Ramsey ist 56, kommt aus London und arbeitet, soweit ich das in Erfahrung bringen kann, als Englischlehrer.

Ramponiert, dreckig, kaum noch verschließbar. Gespickt von uralten und zum Großteil unidentifizierbaren Städte-Aufklebern. Der kleine, schwarze Lederkoffer von Rob Ramsey hat schon bessere Zeiten erlebt.

"Ohne ihn gehe ich auf keine Reise", murmelt der stämmige Zwei-Meter-Hüne in seinen weißen Vollbart. "Der hat sicher schon mehr gesehen als du. Und mehr Charakter hat er wahrscheinlich auch".

Er lacht. Ich nicht.

Hat der Koffer auch einen Namen? - "Liz."

Warum nicht Knut? - "Naja, das wär doch ein komischer Name für einen Koffer."

Ich lache. Er nicht.

Unangenehme Momente des Schweigens, Rob erlöst mich: "Weißt du, meine Frau und ich wollten 30 Länder miteinander bereisen. Österreich wäre das 26. gewesen."

Wo sie sei - "Tot. Liz ist tot."

Elizabeth starb nach langem Leidensweg Anfang 2006 an Lungenkrebs. Kurz vor ihrem Tod reisten die Ramsey's, die insgesamt 18 Jahre verheiratet waren, noch gemeinsam nach Russland. "Ein faszinierendes Land und ein unglaublich spannender Trip. So blöd es klingt - eigentlich ein würdiger Abschluss."

Seit Liz' Tod war Rob nicht mehr im Ausland. Bis zu diesem Februar, als er beim Ausmisten den alten Reisekoffer seiner verstorbenen Frau wieder entdeckte. "Auf der Seite ist noch Platz für ein paar Aufkleber", meint Rob, der nun mit wieder entdeckter Unternehmenslust und "Koffer Liz" den Rest der vorgenommenen 30 Länder bereisen will.

"Einige meiner Bekannten finden das makaber und machen sich Sorgen. Dafür gibt es aber keinen Grund. Der Koffer ist für mich zwar etwas Besonderes und Emotionales, aber es ist ja nicht so, dass ich in der Nacht dann mit ihm ...*"


* Koffer bekommt kein Gute-Nacht-Bussi.