Wien - Das neue Fremdenrechtspaket soll am Dienstag, den Ministerrat passieren. Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen befürchten schon im Vorfeld das Schlimmste. Im Zentrum ihrer Kritik steht der Plan, künftig Eltern entscheiden zu lassen, ob sie die Kinder mit in die Schubhaft zu nehmen oder sie in der Obhut der Behörden lassen.

Dies sei eine Wahl zwischen "Pest oder Cholera", ärgerte sich der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau am Montag. Er verwies auf bestehende Projekte, bei denen die Familien in Caritas- Einrichtungen leben können. Sie müssen sich in regelmäßigen Abständen bei der Polizei melden.

Amnestie International

Deutliche Worte fand auch Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnestie International in Österreich, zum Plan des Innenministeriums: Dieser sei "niederträchtig, bösartig, jenseits und unbegreiflich". Gemeinsam mit der Diakonie und den SOS-Kinderdörfern fordert er, dass das Fremdenrechtspaket nicht den Ministerrat passieren dürfe.

Besonders in die Pflicht wurde Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) genommen. Diakonie-Direktor Michael Chalupka verwies auf dessen Versuche, für Österreich einen Sitz im Uno-Menschenrechtsrat zu ergattern. Pech für Chalupka: Spindelegger ist auf Dienstreise im Ausland. Seine Vertretung beim Ministerrat: Innenministerin Maria Fekter.

Kritik an neuer Rechtsberatung

Und noch ein Punkt stört die NGOs: die neue Rechtsberatung. Laut Entwurf ist geplant, dass die Rechtsberater "zur Objektivität verpflichtet" seien. Ein Passus, den Patzelt für "völlig lächerlich" hält, denn: Rechtsberater seien in erster Linie wohl ihren Klienten verpflichtet. Und dass die Berater vom Innenministerium gestellt werden sollen, sei außerdem, ergänzte Chalupka, "einem demokratischen Rechtssystem fremd".

Sollten die Minister auslassen, sind die Mandatare an der Reihe: Bei der Beschlussfassung im Nationalrat werde sich zeigen, ob das freie Mandat gelte oder die Abgeordneten "nur Marionetten der Parteizentralen sind", sagte Chalupka. Auch rechtliche Schritte sind geplant. Für Heinz Patzelt sind Teile des Pakets verfassungswidrig, beziehungsweise widersprächen sie EU-Richtlinien.

Protest kommt auch von einigen Schauspielern und Kabarettisten des Landes. In dem Video "Laß ma's bleiben" - initiiert von dem Verein Purple Sheep - engagieren sich unter anderem Josef Hader, Robert Palfrader, Kurt Resetarits und Gregor Seberg gegen die Verschärfungen und für ein "Bleiben von gut integrierten Menschen". (pm, nik, DER STANDARD-Printausgabe, 22.2.2011)