Von 78.000 auf 2,25 Millionen Accounts innerhalb von zwei Jahren: Die Erfolgsgeschichte von Facebook hat natürlich auch an Österreichs Grenzen nicht Halt gemacht. Angesichts der horrenden Anzahl an Social Media Nutzern wird das Thema auch von der ökonomischen Seite her immer relevanter. Die Chancen und Risiken wurden vergangene Woche bei der vom Business Circle veranstalteten Konferenz "Business goes Social Media" thematisiert.

Fast 50 Prozent der Betriebe aktiv

Laut einer jüngst veröffentlichten Studie der Wirtschaftskammer gaben immerhin schon 48 Prozent der Betriebe an, soziale Medien zu nutzen. 77 Prozent setzen dabei auf Facebook, 56 Prozent verwenden Xing und 24 Prozent nutzen Twitter. Die Business-Plattform Xing kommt in Österreich auf 360.000 Mitglieder, 38.000 sind laut Social Media Radar auf Twitter unterwegs.

Zwei Drittel der Betriebe, die eine Affinität zu sozialen Medien haben, posten wöchentlich Neuigkeiten, 18 Prozent tun dies sogar täglich. Beim konkreten Nutzen herrscht zum Teil noch Orientierungslosigkeit: 41 Prozent sind noch auf der Suche, 36 Prozent sehen schon positive Auswirkungen auf das Geschäft.

175.000 "Fans" für Wien Tourismus

Positive Ergebnisse sieht man bereits bei Wien Tourismus, berichtet Andrea Kostner, die die Internetaktivitäten des Unternehmens mitverantwortet. Die deutsche Seite auf Facebook erreicht über 175.000 Fans, jene auf Englisch immerhin 83.000. Als reinen Verkaufskanal sollten Betriebe ihre Fanseiten aber nicht missbrauchen. Kostner warnt davor, einfach Werbekampagnen über diese Kanäle zu transportieren.

Der Nutzen bestehe im Generieren von Feedback und dem Imagegewinn, was sich letztendlich wiederum in einer Steigerung des Absatzes manifestiere. Um eine Social Media-Strategie im Unternehmen implementieren zu können, müsse die gesamte Geschäftsführung dahinter stehen, so Kostner: "Wir haben unterschätzt, welche Auswirkungen das fürs ganze Haus hat." Demnächst soll es Schulungen für alle Wien Tourismus-Mitarbeiter geben, jede Firma müsste eigene Richtlinien festsetzen.

Rückendeckung der Chefetage

Konzipiert wurde die Social Media-Präsenz von Niko Alm und seiner Agentur Super-Fi. "Man sollte nicht einfach lospreschen." Alm plädiert für eine längerfristige Strategie, um die Mitarbeiter einzubinden: "Die Ängste nehmen und auf der anderen Seite aber die Euphorie drosseln." Auf die immer wieder diskutierte Frage, in welcher Abteilung eines Betriebes die Social Media Aktivitäten kanalisiert werden sollten, gebe es keine allgemeingültige Antwort, so Alm: "Es kommt auf das Unternehmen und die jeweiligen Ziele an." Klare Zuständigkeiten würden helfen, um Grabenkämpfe zwischen den Abteilungen, die sich profilieren wollen, zu vermeiden. Letztendlich brauche es aber die Rückendeckung der Chefetage.

Hierarchien geraten aus den Angeln

"Jeder Mitarbeiter ist ein Repräsentant nach außen", sagt Kommunikationswissenschaftler Jörg Liemandt, "im echten und im virtuelle Leben". Die Präsenz in Facebook, Twitter und Co. stelle Hierarchien auf den Kopf, glaubt Liemandt: "Die Unternehmensspitze muss die Bereitschaft haben, Informationen breiter zu verteilen." Mitarbeiter, die mit Social Media beschäftigt sind, müssten involviert werden. "Idealerweise geschieht das abteilungsübergreifend", so Liemandt, und: "Diese Dezentralisierung von Wissen sollte dazu führen, dass weniger gelogen wird."

Feedback der Mitarbeiter sammeln

Einen Demokratisierungsschub und positive Auswirkungen auf die gesamte Unternehmenskultur konstatiert auch Andrea Zajicek von der voestalpine. Sie ist beim Konzern für die Online- und Social Media-Kommunikation zuständig und sieht mehrere Abteilungen betroffen: "Sowohl Kommunikation, Marketing als auch Forschung." Natürlich, räumt sie ein, könne die voestalpine nicht alle Mitarbeiter einbeziehen, aber: "Wir wollen Social Media in Zukunft auch verstärkt für die interne Kommunikation nutzen." Mit dem Ziel "den Beschäftigten eine Stimme zu geben und Feedback zu bekommen", so Zajicek.

"Es gibt eine dunkle Seite im Netz", warnt hingegen Herbert Sojak, HC Marketing Consult, Firmen vor einer allzu naiven Herangehensweise an soziale Medien. Eine Notbremse existiere nicht. "Die Freunde können sich als Feinde entpuppen", sagt Sojak und ortet im Bereich der Krisenkommunikation erhebliche Defizite: "Nur 20 Prozent der Unternehmen verfügen über einen Plan, wie sie mit Angriffen auf Social Media-Kanälen umgehen sollen."

Rechtliche Verantwortung

Neben Attacken von Konkurrenten berichtet Rechtsanwältin Jana Eichmeyer von jeder Menge rechtlicher Probleme, mit denen Unternehmen konfrontiert sind. "Die gesetzlichen Regeln sind nur bedingt fürs Internet geeignet". Fragen des Urheberrechts würden in vielen Bereichen tangiert, so Eichmeyer, die hier die Geschäftsführungen gefordert sieht: "Den Mitarbeitern sollte mitgeteilt werden, ob und wie sie Social Media benützen dürfen." Über ihre rechtliche Verantwortung müssten sie in Kenntnis gesetzt werden. Sie empfiehlt eine verbindliche Regelung über eine Betriebsvereinbarung.

Wettbewerbsverstöße stünden im Netz an der Tagesordnung, Werbung müsse als solche gekennzeichnet werden, mahnt sie: "Es war lange Zeit das Gefühl da, dass das Internet ein rechtsfreier Raum ist", aber es gilt: "Was man außerhalb von Social Media nicht darf, darf man innerhalb auch nicht." (om, derStandard.at, 21.2.2011)