Grasser mit Buch 2006. Erste Berichte über die Einreichung einer Dissertation gab es 2003, über einen Abschluss selbiger gibt es keine Berichte.

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Mag. Karl-Heinz Grasser hat sein Studium der Betriebswirtschaft in Mindestzeit abschließen können. Aber: Seine Dissertation, mit der er vor acht Jahren in die Medien gekommen ist, da als sein Betreuer sein damaliger enger Berater Herbert Kofler fungierte, ist immer noch unvollendet.

Der Arbeitstitel lautete: "Die Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent bis zum Jahr 2010." Diese Überschrift findet sich auch im Stabilitätsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2004 bis 2008. Diese Titel-Übereinstimmung ist zumindest seltsam plagiatesk, denn schließlich sollte sich eine Dissertation als schriftliche wissenschaftliche Forschungsarbeit durch Eigenständigkeit auszeichnen.

Der Politologe Anton Pelinka kritisierte 2003, dass Kofler von seinem Dissertanten Grasser zum Leiter der Steuerreformkommission ernannt worden sei, auf einem Regierungsticket im Generalrat der Nationalbank gesessen habe und außerdem Aufsichtsratspräsident der AWS, einer 100-Prozent Tochter des Bundes gewesen sei. "Das ist eine unglückliche Optik. Schließlich muss Herr Kofler Herrn Grasser irgendwann einmal eine Note geben", so Pelinka damals.

Dank und Anerkennung

Zu seinem 60. Geburtstag erhielt Kofler 2009 das "Große Ehrenzeichen der Republik Österreich". Unter den Gästen: Karl-Heinz Grasser, der seinem Universitätslehrer "für die hervorragenden Beraterdienste während seiner Zeit als Bundesminister" dankte.

Dass Grassers Arbeit noch nicht fertig gestellt wurde, bestätigt ein Anruf von derStandard.at bei der Uni-Bibliothek Klagenfurt. Hier scheint keine Dissertation von Karl-Heinz Grasser auf. Herr Kofler war für derStandard.at am Montag nicht erreichbar. In seinem Sekretariat konnte man nicht sagen, ob die Betreuung Grassers noch stattfindet. Falls ja, hat Kofler künftig mehr Zeit dafür, weil er mit Ende Februar in Pension geht.

"Die Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent bis zum Jahr 2010" wurde übrigens auch nicht geschafft. Die Abgabenquote liegt seit Jahren über 40 Prozent, wie die Tabelle von Statistik Austria belegt. Österreich liegt bei der Besteuerung der Bürger und Bürgerinnen weiter im EU-Spitzenfeld - mit steigender Tendenz. Die Dissertation Grassers, sollte er sie noch fertig stellen wollen, bräuchte also rasch einen neuen Titel. Vorschläge können gepostet werden. (rasch, derStandard.at, 21.2.2011)