Bild nicht mehr verfügbar.

Gene Sharp lehrte in Harvard Politikwissenschaft und gründete die Albert Einstein Institution, die Strategien für gewaltlose Aktionen fördert und verbreitet.

Foto:AP/Elise Amendola

Nach dem Sturz des Regimes in Ägypten befassen sich nun Experten und Journalisten mit dessen Ursachen. Einige Zeitungen, darunter die New York Times, berichteten in diesem Zusammenhang von einem US-Amerikaner, der Anteil an der Revolution haben soll. Sein Name ist Gene Sharp. Der heute 83-jährige Intellektuelle hat zahlreiche Schriften verfasst. Sein Werk über gewaltlose Revolutionen etwa, „From Dictatorship to Democracy", wurde laut New York Times in 24 Sprachen übersetzt und es habe Regimekritiker auf der ganzen Welt - von Burma, Bosnien und Estland bis Zimbabwe und zuletzt auch in Tunesien und Ägypten inspiriert. Es enthält praktische Anweisung über den gewaltlosen Widerstand in Diktaturen. Auch die ägyptische Muslimbruderschaft hat auf ihrer Website das Werk gepostet.

Viele sehen in Sharp einen taktischen Ratgeber für Revolutionen. Er sieht sich aber eher als Pazifist und Denker, weniger als Revolutionär. Früher war er noch aktiver. Einmal beteiligte er sich an einem Sitzstreik und neun Monate seines Lebens verbrachte er in einem Gefängnis in Connecticut, weil er den Wehrdienst im Korea-Krieg verweigerte. 1989 reiste er nach China, um den Aufstand am Tiananmen Platz mitzuerleben und 1990 soll er Rebellen in Myanmar beraten haben, wie ein Krieg mit dem Regime zu verhindern sei.

Mit dem Umsturz Hosni Mubaraks will er aber nichts zu tun haben, betont er. Dies sei das alleinige Verdienst des ägyptischen Volkes.
Mittlerweile ist bekannt, dass die Proteste in Ägypten vor allem von Jugendlichen ausgingen. Der Chef-Stratege der ägyptischen „April 6 Jugendbewegung", Ahmed Maher, der nach Strategien des gewaltlosen Protests suchte, stieß bei seinen Recherchen über die serbischen Anit-Milosevic Bewegung Otpor, auf die Schriften Sharps.

Auch das International Center on Nonviolent Conflict verbreitete in Kairo ein Werk Sharps: „198 Methods of Nonviolent Action". Dalia Ziada, eine ägyptische Bloggerin, besuchte einen Workshop des Centers und organisierte danach ähnliche Veranstaltungen, um auf die Schwachstellen von autoritären Systemen aufmerksam zu machen. Sie brachte den Menschen Sharps Ideen näher: Durch Hungerstreiks oder durch das Enttarnen von Geheimagenten könne man Regimen mehr schaden als durch Gewalt.

Auch Diktatoren kennen die Schriften und Aktionen des Amerikaners. Das Regime von Myanmar, ebenso wie Venezuelas Präsident Hugo Chávez beschuldigen Sharp, dass sein Ziel der Umsturz von Regierungen sei. Der Iran veröffentlichte 2008 gar ein Propagandavideo, in dem Sharp bezichtigt wird, ein CIA-Agent zu sein, dessen Auftrag es sei, andere Länder zu infiltrieren.

Der libanesische Politologe und Gründer des Angry Arab News Service Blog, As´ad Abu Khalil, kritisiert hingegen nicht Sharps Werke, sondern vielmehr das Verhalten einiger westlicher Journalisten. Er ist aufgebracht, dass die New York Times jetzt über Sharp berichtet. Er glaubt, dass man jetzt nach einen „Lawrence von Arabien" sucht, um den Ausgang der ägyptischen Revolution auch dem Westen zuzuschreiben. In seinem Blog spricht er von einem kolonialistischen Versuch, die Leistung der Ägypter zu schmälern. (boes/derStandard.at 18.2.2011)