Im Video "the garden" (2011) lockt uns Agnieszka Polska in einen Garten, vermeintlich jenen des Künstlers Pawel Freisler.

Foto: Galerie Kargl

Wien - "Der Weisheit Anfang ist der Zweifel", sprach Aristoteles, und Denis Diderot formulierte 2000 Jahre später sehr ähnlich: "Der erste Schritt zur Wahrheit ist der Zweifel." Die Arbeiten der polnischen Künstlerin Agnieszka Polska (geb. 1985) könnte man als solchen Auftakt sehen. Sie sät Zweifel. Ihrer Arbeit ist die Wahrheit zwar nicht völlig fremd, aber mit Fiktionalem verwoben.

Wie Kunst erinnert wird und wie ihre Geschichtsschreibung aussieht, untersucht Polska im Medium Fotografie und Video. Im Video The forgetting of proper names (Teil der Serie Three videos with narration) unterlegt sie den laut vorgetragenen Text Sigmund Freuds mit zahlreichen, zum Teil lang nicht mehr gesehenen, vielleicht sogar vergessenen Abbildungen von Werken der Concept und Minimal Art. Photoshop ist ihr Komplize, wenn sie die Abbildungen in rekonstruierte Settings platziert.

Es ist diese zweite Existenz in Form von fotografischen Reproduktionen, die Polska thematisiert. Etwa, wenn sie in der Serie Objects (2008) fiktionale Kunstwerke in Kulissen, historische Aufnahmen der 1950er- und 1960er-Jahre montiert. Polska verleiht dem Ganzen durch die Grobkörnigkeit der Fotos den Anschein von Nostalgie.

Es ist ein Mix aus Rekonstruktion und Montage, von Manipulation, Ausschmückung und Fiktion, der auch ihre Ausstellung Gardener's Responsibility in der Galerie Kargl prägt. Das zentrale Video the garden führt den Betrachter in die Irre, lässt vor seinem Auge eine plausible Erzählung ablaufen. Mit sonorer Stimme erzählt ein Mann, vermeintlich der polnische Künstler Pawel Freisler, von seinem zweiten Leben als Gärtner.

Freisler hat sich in den späten 1970er-Jahren von seiner Karriere verabschiedet, um sich in seinem Garten in Schweden der Hege und Pflege von 12.000 Pflanzen zu widmen. Von der gigantischen Blume Amorphophallus, die nach zehn Jahren nur drei Tage lang blüht, erzählt er, dessen Werk zu großen Teilen aus nicht überprüfbaren Narrativen besteht. Alles ist durch stimmige Bilder unterlegt. Allerdings hat niemand je diesen Garten besucht. Das Filmmaterial ist geschickt geschnittenes Footage, und auch das Interview wurde nie geführt. Eine Lüge, auf deren Spur man allein durch die abstrusen, ästhetisch anspruchsvollen Fotocollagen von Polska gerät. Die Saat des Zweifel. Reizvoll. (Anne Katrin Feßler/ DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2011)