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Medaillen hin, Medaillen her, Innerhofer will einfach nur "der Christof bleiben, der ich war".

Foto: dapd/Spiess

"Aus Gais komm ich, wie der Innerhofer", sagt Franz, ein älterer Herr, und er merkt noch an: "Früher hab ich immer gesagt, ich komm aus Bozen, weil ja Gais kein Mensch gekannt hat. Aber jetzt, seit der Innerhofer die drei Medaillen hat, weiß man doch, wo Gais ist." Das schöne Örtchen Gais liegt ein paar Kilometer entfernt von Bruneck im Tauferer Ahrntal und also in einem Seitenstrang des Pustertals. Franz besitzt dort ein Hotel, in dem hat "zwanzig Jahre lang die Oma vom Innerhofer gearbeitet und zehn Jahre lang seine Mama."

Die Szene spielt in der Casa Italia in Garmisch, in der die italienischen Medaillengewinner abgefeiert werden. Also Christof Innerhofer (26), der den kompletten Satz besitzt, im Super-G Gold, in der Abfahrt Bronze, in der Superkombi Silber erwarb, und Peter Fill (28), der Kombibronzene.

Am Tag nach der Feier traf der Standard Innerhofer in der Casa Italia zum Plausch. "Als sie ganz jung war", erzählt er, "hat die Mutti kellneriert. Und als ich jung war, hat sie in der Nacht in einer Bäckerei gearbeitet, damit sie mich am Nachmittag zum Skifahren hat bringen können."

Ob er glaube, dass die Kunde von seinem Medaillensatz schon bis Rom gedrungen ist? "Ich weiß nicht. Ich habe nur gehört, dass es rund geht daheim." Was ist daheim? "Bei mir in Goas, aber ich hoffe schon, dass es sich in Italien herumspricht. Sicher hat Fußball einen großen Stellenwert, aber ich hoffe, dass ich mit meinen Resultaten ein neues Interesse am Skisport geweckt habe." Es sei ja auch so, dass gerade in den schnellen Disziplinen bis vor zwei Jahren fast nur Südtiroler am Start gewesen sind. "Bei uns gibt's hinter jedem zweiten Dorf einen Skilift. Aber jetzt kommen auch in der Abfahrt ein paar Italiener nach."

Die Teamsitzungen laufen in Italienisch ab, erzählt der Sterzinger Robert Brunner (58), der weiland Alberto Tomba gedient hatte, zuletzt neun Jahre lang einen Medienbetreuer im ÖSV machte und seit dieser Saison Sportdirektor im italienischen Skiverband ist. Logisch, "denn die Deutschsprachigen können Italienisch, aber die Italiener nicht Deutsch". Brunner spricht davon, wie wichtig es ist, den gesamtitalienischen Markt zu erreichen, und dafür brauche man auch Typen wie Slalomolympiasieger Giuliano Razzoli, der aus der Gegend um Modena kommt.

Innerhofer spricht von einem problemlosen Verhältnis in der Mannschaft. Und: "Na sicher kenn ich den Text der italienischen Hymne. Wenn ich auf dem Podium stehe, singe ich sie manchmal mit, manchmal nicht." Abgesehen davon lässt er in Interviews mitunter einen Macho raushängen. Ist er einer, spielt er einen? "Ich bin kein Macho. Ich mach halt oft einmal gern einen Scherz zum Auflockern. Bei uns im Skisport ist sonst alles so ernst."

Innerhofer produzierte im heurigen Weltcupverlauf eine Trainingsbestzeit nach der anderen, in den Rennen blieben ihm Bestzeiten verwehrt. "Ich hab mir das für die WM aufgespart. Nein, das war ein Spaß. Ich hab in den Rennen nie die nötige Lockerheit gehabt, ich wollte es zu gut machen, habe mich nicht wohlgefühlt. 'Christof, woran denkst du denn?', hab ich mich gefragt. Und jetzt bin ich auf einmal locker."

Innerhofer schaut auf den Tisch, auf den er die Medaillen gelegt hat. "Es sind drei verschiedene Farben. Aber für mich sind alle wie Gold. Die erste, weil es die Goldmedaille ist. Das ist ein Traum, den ich mich nicht einmal getraut hab zu träumen. Auf Bronze bin ich stolz, weil es nicht mehr meine Verhältnisse waren, weil es nicht mehr so eisig war. Und die Silberne gefällt mir, weil mir der Kombislalom so gut gelungen ist. Es macht mich stolz, dass ich alle Chancen genutzt und Geschichte geschrieben habe. Ich bin der erste Italiener seit Zeno Colo, der von einer WM drei Medaillen nach Hause bringt." Colo schaffte das anno 1950 in Aspen.

Innerhofer erzählt noch von seinem Interesse an Wirtschaft, an Rohstoffen, am Weltmarkt, an Aktien. Und: "Ich will der Christof bleiben, der ich war." (DER STANDARD PRINTAUSGABE 16.2. 2011)