Wien - Wissenschaftliche Tätigkeit wird an Universitäten offenbar immer mehr zum Halbtagsjob. Das zeigen Daten, die im Rahmen der kürzlich veröffentlichten Studie "Nutzen und Effekte der Grundlagenforschung" von Experten des Zentrums für Wirtschafts- und Innovationsforschung der Joanneum Research erhoben wurden. Während bei den Professoren fast jede Stelle von nur einer Person besetzt ist, dürfte das Phänomen "Halbtagsjob" vor allem beim nicht-habilitierten Mittelbau ("Assistenten") besonders krass sein: dort teilen sich statistisch bereits mehr als zwei Personen eine Vollzeitstelle.

An den Universitäten waren 2009 knapp 50.000 Personen beschäftigt, die etwa 34.000 Vollzeitäquivalenten entsprechen. Seit 2005 ist dabei die Kopfzahl mit plus 23 Prozent stärker gewachsen als die Vollzeitäquivalente (plus 17 Prozent). Dabei zeigen sich aber große Unterschiede: Das Verhältnis von Kopfzahl zu Vollzeitäquivalenten (VZÄ) beträgt bei den Professoren nahezu eins, beim wissenschaftlichen Personal (Dozenten, Assistenten, Drittmittelbeschäftigte, etc.) allerdings bereits 1,7. "Auf jeweils eine Vollzeitstelle kommen beinahe zwei Köpfe. Formal wird somit die wissenschaftliche Tätigkeit an den Universitäten als 'Halbtagsjob' definiert", schreiben die Studienautoren Andreas Schibany und Helmut Gassler in ihrer Arbeit.

Betrachtet man den nicht-habilitierten Teil des Mittelbaus, sogenannte "Assistenten", teilen sich rein statistisch bereits 2,2 Personen eine Stelle (projektfinanzierte Mitarbeiter wurden laut Studie dabei herausgerechnet). Die unterschiedlich hohen Wachstumsraten von Kopfzahl und VZÄ würden darauf hinweisen, dass sich diese Strukturen "kontinuierlich in Richtung 'Teilzeitarbeit' verschoben haben".

Drittfinanzierte Mitarbeiter nehmen zu

Aufgefallen ist den Studienautoren auch, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der über Projektmittel drittfinanzierten Mitarbeiter überdurchschnittlich angestiegen ist. Deren Zahl betrug 2005 knapp 5.800 Personen (4.800 VZÄ), 2009 waren es bereits 9.300 Personen (6.900 VZÄ). Vereinfacht formuliert bedeutet dies für die Studienautoren, "dass die Lehre zunehmend an (formal) 'Halbtagsbeschäftigte' delegiert wird, während die wissenschaftliche (Projekt-)Forschung durch eine stark wachsende Zahl an Vollzeitbeschäftigten, aber zeitlich befristet rekrutierten 'Drittmittelbeschäftigten' erfolgt".

Das Phänomen "Wissenschaft als Halbtagsjob" ist auch dem Chef der IG Lektoren, Claus Tieber, bekannt, vor allem auch bei den nach neuem Uni-Kollektivvertrag eingerichteten Stellen für "Senior Lecturers", wo wissenschaftliche Mitarbeiter vor allem für die Lehre eingesetzt werden. Diese würden vor allem halbtags eingerichtet, so Tieber im Gespräch mit der APA. "Es ist die Tendenz, vorhandene Personalbudgets aufzuteilen und Teilzeitbeschäftigte anzustellen." Es gebe aber auch viele Projektmitarbeiter, die nur halbtags bezahlt, aber ganztags arbeiten würden. "Es ist ja nicht so in der Wissenschaft, dass man dann nach 20 Stunden aufhört", so Tieber. Der wissenschaftliche Nachwuchs würde auch über die Möglichkeiten, selbst zu einem Projekt zu kommen, zu wenig aufgeklärt und mitunter fehlinformiert. (APA)