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Wie in der realen Welt treiben sich auch im virtuellen Raum jede Menge zwielichtige Gestalten herum. Bei Internetbetrug werden exorbitante Steigerungsraten gemeldet. Probleme gibt es vor allem mit gefakten Webshops und Datenfischern, die Passwörter und andere persönliche Daten stehlen. 

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Die Vorratsdatenspeicherung lässt auf sich warten. Dienstag sollte im Ministerrat beschlossen werden, dass sämtliche Verbindungsdaten der elektronischen Kommunikation gespeichert werden müssen, damit Polizei und Justiz zur Aufklärung von Straftaten darauf zugreifen können. In der letzten Koordinierungssitzung zwischen Infrastruktur-, Innen- und Justizministerium am Montagabend kam es allerdings zu keiner Einigung (mehr dazu hier). Umstritten ist vor allem, ob der Zugriff nur bei schweren Straftaten und zur Terrorbekämpfung oder auch bei leichteren Delikten sowie zum Beispiel bei Streitigkeiten nach dem Urheberrechtsgesetz erfolgen darf. Daran knüpfen sich unterschiedliche Datenschutzregelungen und auch die Frage der Speicherdauer, zuletzt war von drei bis sechs Monaten die Rede.

Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) präferiert die strengere Variante (nur zur Terrorabwehr und auf richterliche Anordnung). Sie steht aber unter Druck, denn wird die Vorratsdatenspeicherung als EU-Richtlinie nicht sehr bald umgesetzt, könnte der Europäische Gerichtshof wegen Säumigkeit eine Strafzahlung von bis zu zehn Millionen Euro verhängen - DER STANDARD berichtete. Österreich könnte aber neuerlich von der Aktualität überrollt werden, denn die EU-Kommission hat vor kurzem angekündigt, die Richtlinien zur Datenspeicherung aus dem Jahr 2006 zu überarbeiten. Vor allem der Datenschutz für Privatpersonen sei damals zu gering ausgefallen, heißt es. Auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding warnt mittlerweile vor einer pauschalen Datensammelwut.

Jeder ist verdächtig

In den Ohren von Andreas Wildberger, dem Generalsekretär der Vereinigung der österreichischen Internetprovider (ISPA), ist das einmal eine gute Nachricht. Von der Vorratsdatenspeicherung hält er nämlich nicht viel. Nicht nur, dass die Speicherkosten - rund 1 Euro pro Internetanschluss - bei den Providern hängen blieben. Er warnt auch davor, dass die Vorratsdatenspeicherung ein Grundmisstrauen nach dem Motto "jeder ist verdächtig" bringe. Außerdem bezweifelt Wildberger, ob "Data Retention" überhaupt die von den Strafverfolgungsbehörden erhofften Fahndungserfolge bringen kann.

Um schlagkräftige Argumente für eine Ausweitung der Polizeikompetenzen ist Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) freilich nicht verlegen. Gerade bei Cyberdelikten gibt es teilweise exorbitante Steigerungsraten. Bei Internetbetrug gab es im Vorjahr 1490 Anzeigen, vergleichen mit 2009 eine Zunahme um 400 Prozent. Massive Probleme gibt es vor allem durch gefakte Webshops. Abgesehen davon verwenden natürlich fast alle organisierten Banden Handys und Internet zur grenzüberschreitenden Kommunikation.

Die europäische Polizeibehörde Europol in Den Haag schätzt den Schaden, den Cyberkriminelle jedes Jahr weltweit verursachen, auf 750 Milliarden Euro. Von der Anonymität im virtuellen Raum profitierten Drogen- und Menschenhändler genauso wie Schlepperringe, Geldfälscher, Waffenhändler und Terroristen, heißt es im jüngsten Cybercrime-Bericht von Europol. Daneben sei ein neuer Kriminalitätszweig entstanden: die "digitalen Untergrund-Gemeinschaft", in der Daten die Handelsware sind. Gestohlene Finanzinformationen, etwa für den Zugang zu existierenden Bankkonten und Kreditkarten, hätten mittlerweile einen immensen Geldwert. Ausdrücklich warnt Europol auch davor, dass immer mehr Crimeware über soziale Netzwerke verbreitet werde.

Neue Zentralstelle

Innenministerin Fekter will deshalb auch die umstrittene Online-Fahndung forcieren. "Datenschutz darf nicht Täterschutz bedeuten." Im Bundeskriminalamt entsteht eine neue Zentralstelle für den Fachbereich Computer- und Netzwerkkriminalität. Mit an Bord sind auch Spezialisten von Großunternehmen wie Microsoft. (Michael Simoner/DER STANDARD/Printausgabe, 15.2.2011)

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