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Italiens Premier S. Berlusconi (re.) gelang es 2009 mithilfe des libyschen Staatschefs M. Gaddafi (li.), das Flüchtlingsproblem einzudämmen.

Foto: EPA/ETTORE FERRARI ANSA

Rom/Wien - Mit den Unruhen in der arabischen Welt wurde nicht nur ein Demokratisierungsschub in Gang gebracht, sondern auch eine Flüchtlingswelle Richtung Italien ausgelöst, das geografisch direkt "vor der Haustüre" liegt.

Auf Lampedusa, dem nur 20 Quadratkilometer großen italienischen Vorposten, 120 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt, landeten schon zwischen Juli 2008 und Juli 2009 über 20.000 Flüchtlinge.

Der damals wieder frisch an die Macht gekommene Silvio Berlusconi sorgte mit einer harten Abschiebepolitik dafür, dass die Flüchtlingsströme schnell wieder zurückgingen. Zwischen Juli 2009 und Juli 2010 erreichten nur noch rund 400 Immigranten die Insel.

Hilfe bekam die italienische Rechts-Regierung durch Libyen: Tripolis verpflichtete sich, von der italienischen Küstenwache aufgegriffene Flüchtlinge zu übernehmen, bevor sie italienischen Boden betreten und dort einen Asylantrag stellen konnten.

Das Abkommen zwischen Italien und Libyen hat wohl nur vordergründig mit der persönlichen Freundschaft zwischen dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und dem libyschen Potentaten Muammar Gaddafi zu tun. Es geht natürlich um mehr, nämlich um Geld: Italien braucht Öl, und Tripolis sichert damit den Export eines Drittels seiner Öl- und Gasexporte ab.

Auch andere Großprojekte zwischen beiden Ländern verbesserten in der Folge die Kooperationsbereitschaft. So wird Rom als Wiedergutmachung für die Kolonialzeit in den nächsten beiden Jahrzehnten Milliardenzahlungen leisten, und zwar in Form von Infrastrukturprojekten. Momentan wird etwa der Bau einer modernen, 1700 Kilometer langen Autobahn vorbereitet.

Wenn jetzt Rom mit Tunis blitzartig auf den neuen Flüchtlingsstrom reagieren will, etwa durch gemeinsame Küstenpatrouillen, wogegen sich Tunis bisher allerdings wehrt, dann könnten die Italiener auch diesmal bereits das Scheckheft in der Hand haben. Immigrationspolitik all'italiana könnte so durchaus mit der geplanten politischen und wirtschaftlichen EU-Hilfe für Tunis in Einklang gebracht werden. (gian, STANDARD-Printausgabe, 15.02.2011)