Im Südosten Rumäniens liegt zwischen dem Unterlauf der Donau und dem Schwarzen Meer die Region Dobrudscha (Dobrogea) - die einzig rumänische Region mit maritimem Charakter. TouristInnen besuchen entweder die Badeorte an der insgesamt 245 Kilometer langen Schwarzmeerküste Rumäniens - besonders beliebt sind die Strände in der Nähe von Constanţa, der Hauptstadt der Dobrudscha - oder das mit seinen 5800 Quadratkilometern drittgrößte Feuchtgebiet der Erde, das Donaudelta.

Foto: Meri Disoski

Die Dobrudscha blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Im Inneren der Region finden sich zahlreiche Spuren von frühen menschlichen Besiedelungen: Man stößt auf Grabhügeln nomadischer Skythen ebenso wie auf Hinterlassenschaften der Daker, Griechen und Römer oder Zeugnisse von Tartaren und Türken. Im Bild: Histria, die bedeutendste archäologische Stätte an der rumänischen Ostküste, wo neben griechischen und römischen auch byzantinische Zeugnisse gefunden wurden. Die auch als "rumänisches Pompei" bekannte Stadt war einst die erste bedeutende Hafenstadt an der Westküste des Schwarzen Meeres.

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Im Museum von Histria, das sich gleich neben den historischen Ausgrabungsstätten befindet, sind viele gut erhaltene Ausgrabungsfundstücke ausgestellt: Neben Amphoren und Keramiken sind auch Grabsteine, Büsten und Statuen sowie Gegenstände aus dem alltäglichen Gebrauch zu sehen.

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Ungefähr 80 Kilometer südlich von Histria liegt Constanţa, die Hauptstadt der nördlichen Dobrudscha. Mit ihren ungefähr 300.000 EinwohnerInnen ist es die größte Hafenstadt Rumäniens. Constanţa gilt als das "Zentrum des Islams" in Rumänien - ungefähr 6 Prozent der Bevölkerung ist muslimisch. Im Bild: Blick auf den Hafen von Constanţa, in dem mehr Waren umgeschlagen werden, als in den Häfen von Odessa (Ukraine) oder Burgas (Bulgarien).

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Die Geschichte Constanţas lässt sich bis in das 6. Jahrhundert vor Christus zurückverfolgen: Aus Milet stammende Griechen gründeten die Hafenstadt Tomoi, die Römer eroberten sie und nannten sie zunächst Tomis, bis die Stadt schließlich zu Ehren des römischen Kaisers Konstantin umbenannt wurde. Im Bild zu sehen sind die Ruinen der historischen Festung Tomoi/Tomis (Ruinele cetatii Tomis), die sich im Kirchengarten der Kathedrale Sankt Peter und Paul befinden.

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Die im 19. Jahrhundert errichtete Sankt Petrus und Paul Kathedrale hat seit 2001 offiziell Klostercharakter hat. Vom Architekten Ion Mincu erbaut, ist die Kathedrale die in Constanţa meist frequentierte Kirche, unter anderem auch weil im Inneren wertvolle Reliquien aufbewahrt werden.

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In unmittelbarer Nähe der Kirche befindet sich mit der Mahmudiye-Moschee die größte Moschee Rumäniens in Constanţa. Da sie von dem damaligen rumänischen König Karl von Hohenzollern gestiftet wurde, wird sie auch "Carol Moschee" genannt. Zwischen 1910 und 1912 gebaut und der Moschee im anatolischen Konya nachempfunden, schenkte sie König Karl der muslimischen Gemeinde in Dobrudscha. Der Gebetsraum im Inneren der Moschee ist mit einem riesigen Teppich ausgelegt - ein Geschenk des letzten osmanischen Kaisers Abdul Hamid II. an die türkische Bevölkerung der Dobrudscha. Im Bild: Aussicht von dem Minarett aus 50 Metern Höhe.

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An der Uferpromenade, die ebenfalls aus der Regierungszeit König Karls stammt, befindet sich das Wahrzeichen Constanţas: das Cazino Paris. Das im Jahr 1909 von dem rumänischen Architekten Daniel Renard für König Karls Frau Elisabeth zu Wied errichtete Gebäude gilt als Prachtstück der Belle-Epoque-Baukunst. Wurde es einst als Veranstaltungsort für Konzerte bzw. auch als Restaurant genutzt, ist das Haus derzeit geschlossen, da dringend renovierungsbedürftig.

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Im 13. Jahrhundert gründeten die Genueser eine Kolonie in Constanţa. Aus dieser Zeit stammt der 8 Meter hohe Leuchtturm (Farul Genovez), der sich am anderen Ende der Uferpromenade befindet. Während der Türkenkriege wurde der Leuchtturm zerstört, um 1860 wieder aufgebaut - er ist heute noch in Betrieb.

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In der Altstadt befindet sich eine vom italienischen Bildhauer Ettore Ferrari 1887 geschaffene Statue des römischen Dichters Ovid, der im Jahr 8. vor Christus aus unbekannten Gründen von dem damals herrschenden römischen Kaiser Augustinus nach Tomis verbannt worden war. Im Exil verfasste Ovid die "Tristia", eine Sammlung von Klageliedern, in denen er unter anderem auch über die bitterkalten Winter am Schwarzen Meer klagt. Im Hintergrund zu sehen: Das Geschichts- und Archäologiemuseum der Stadt, in dem eine beeindruckende Sammlung griechischer und römischer Zeugnisse bewundert werden kann.

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Von den vielen schönen Jahrhundertwende-Häusern, die ursprünglich die Altstadt dominierten, ist nur wenig übrig geblieben, wie beispielsweise in dieser Gasse nahe der Ovid-Statue. Während der Diktatur von Nicolae Ceauşescu wurde der Großteil der alten Bausubstanz abgerissen und durch architektonisch wenig ansprechende Plattenbauten, die heute größtenteils dringend renovierungsbedürftig sind, ersetzt.

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Nördlich der Stadt befindet sich der beliebteste Badestrand der rumänischen Schwarzmeerküste: Mamaia-Beach. Während der breite Sandstrand, die vielen Hotels und Gastronomiebetriebe, der "Aqua Magic Water Park" und das Delfinarium im Sommer Scharen von (in erster Linie rumänischen) Urlaubsgästen anlocken, ist der Badeort im Winter nahezu menschenleer und zeigt sich von seiner stillen Seite.

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Ungefähr 200 Kilometer von Constanţa entfernt liegt die Stadt Balčik, die sich im südlichen Teil der Dobrudscha und somit in Bulgarien befindet. Zwischen 1913 und 1940 gehörte die Süddobrudscha allerdings zu Rumänien und die rumänische Königin Maria von Rumänien ließ ab 1924 in Balčik, das direkt am Schwarzen Meer liegt, eine Sommerresidenz mit einem weitläufigen Schlosspark, der den Namen "Stilles Nest" (Tenha Vuva) trägt, errichten. Hier sollen über 3000 verschiedene Pflanzen- und ca. 200 Baumarten wachsen. Wegen seiner Artenvielfalt wurde der Garten 1955 zur Außenstelle der Universität Sofia erklärt.

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Die Sommerresidenz der Königin umfasst neben ihren eigenen Gemächern und einer Kapelle auch kleinere, villenartige Gebäuden, in denen die rumänische Aristokratie untergebracht werden konnte. Ein Minarett sowie ein arabisches Bad, das ebenfalls zur weitläufigen Anlage gehören, sollen darauf hindeuten, dass die Königin eine Liaison mit einem Muslim gehabt haben soll.

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Ihrem letzten Willen entsprechend, wurde nach dem Tod der Königin ihr Herz in der zur Sommerresidenz dazugehörenden Kapelle beigesetzt. Als die Süddobrudscha im Jahr 1940 von Rumänien an Bulgarien zurückging, wurde Marias Herz nach Rumänien zurückgebracht. Heute ruht es in Siebenbürgen, genauer: Im Schloss Bran, das TouristInnen auch heute noch als Wohnsitz des berühmtesten Vampirs, Dracula, präsentiert wird. (Meri Disoski, 14. Februar 2010, daStandard.at)

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