Wien - Zwei bis vier Tage und ein Gründungskapital von 4000 bis 5000 Franken (2800 bis 3600 Euro) braucht jemand, der in Liechtenstein eine Briefkastenfirma gründen möchte. Der Vorgang ist denkbar einfach. Man überreicht einem Treuhänder (Anwalt, Berater, Notar) eine Vollmacht zur Firmengründung, und der erledigt den Rest, also formelle Gründung samt Eintrag ins Handelsregister.

Der Treuhänder stellt auch sämtliche Unternehmensorgane und kümmert sich um die Bilanzen. Kostenaufwand pro Jahr: zirka 5000 Euro. Die Adresse des Unternehmens - das nicht über eigene Büros verfügen muss - ist der Sitz des Treuhänders. Eine gute Treuhandgesellschaft in Liechtenstein "betreibt" rund 500 Briefkastenfirmen, erzählt ein Kenner dem Standard. Mehr als ein Ordner mit Vollmacht, eine Gründungsurkunde, formelle Papiere und ein Konto existierten für so eine Firmenhülle nicht. Das erklärt, warum in Liechtenstein rund 80.000 Briefkastenfirmen domiziliert sind - bei rund 35.000 Einwohnern.

Das Wesen einer Briefkastenfirma ist, dass der Eigentümer nur dem Treuhänder bekannt ist. Wer auf Firmenkonten zeichnungsberechtigt ist, wird aber in der Vollmacht definiert. Früher war es üblich, über solche Firmenhüllen hohe Geldsummen zu führen und zu transferieren. Man konnte "schalten und walten, wie man wollte", wie der Kenner weiter erklärt. Legal sei das zwar nicht gewesen, "aber es hat funktioniert".

Mittlerweile hat auch Liechtenstein Geldwäschevorschriften, Steuerabkommen mit dutzenden Ländern, die OECD-Steuerrichtlinie wird akzeptiert und Treuhänder sind bei auffälligen Transaktionen angewiesen, die Herkunft des Geldes zu prüfen. In einem Ehrenkodex haben sich die Treuhänder weiters freiwillig verpflichtet, undurchsichtige Geschäfte nicht mehr zu betreiben. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Printausgabe, 14.2.2011)