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Hosni Mubarak

Foto: APA/EPA/Elfiqi

Aus dem Pharao sei nun eine Sphinx geworden, warfen manche Kommentatoren am Tag nach Mubaraks "Ich bin schon weg, aber gleichzeitig noch da" -Rede ihre ägyptologische Schleuder an. Wenn schon, dann sollte man das im Fall der ägyptischen Sphinxen (oder Sphingen) ohnehin überwiegende männliche Geschlecht verwenden: der Sphinx Hosni Mubarak, mit 83 Jahren mit Sicherheit der jüngste Sphinx am Nil - wenn man von den Touristenramsch-Sphinxen absieht, die in der Regel die große Sphinx von Gizeh wiedergeben, errichtet wahrscheinlich zwischen 2700 und 2600 vor unserer Zeitrechnung.

Abu l-Haul, Vater des Schreckens, war der spätere arabische Namen des/der Sphinx, bei den Ägyptern Hu genannt: Und den Ägyptern war auch der Sphinx Mubarak nur mehr ein Schrecken. Die griechische Verwandte war eine Art Wegelagerin, die vorbeikommende Reisende erwürgte, die das ihnen aufgegebene Rätsel nicht lösen konnten. Die ägyptischen Sphinxen hingegen waren nach dem Verschwinden der pharaonischen Gedankenwelten eher mythologisch neutral aufgeladen.

Ein(e) ägyptische(r) Sphinx hat in der Regel einen Löwenkörper und trägt das Gesicht eines männlichen oder weiblichen Herrschers oder Gottes. Damit könnte sich Mubarak sicher noch selbst identifizieren - aber nicht, dass man als Wächterfigur vor Tempelanlagen herumliegt. Bei ihm wird es nun wahrscheinlich der Garten der Villa in Sharm al-Sheikh sein.

Die geflügelte Gattung ist aus Griechenland importiert: Und Flügel zum Wegfliegen haben ihm die Demonstranten auf den Rücken gewünscht. Manche hätten sich vielleicht sogar an seiner Nase vergreifen wollen, wie muslimische Bilderstürmer an jener der Sphinx von Gizeh. Nein, es war nicht Obelix, der hinaufkletterte und sie abbrach (worauf alle Souvenirhändler ihren Exemplaren auch die Nasen abbrechen mussten).

Mit der europäischen "Entdeckung" des Orients im 18. Jahrhundert wurde der Sphinx zur Metapher des Ewigen, und das passte ja gut zur Selbstsicht Mubaraks. Es gibt aber doch einen entscheidenden Unterschied: Der Sphinx schweigt bekanntlich - und Mubarak redete und redete. Am Donnerstag zum letzten Mal als Präsident. Wobei, wenn ein oder eine Sphinx heute sprechen würde, sich die Stimme für die Demonstranten nicht viel jenseitiger anhören würde als jene Mubaraks bei seiner letzten Rede. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 12.2.2011)