Als Bastardprodukt einer "wilden Ehe" zwischen Wissenschaft, Erzählkunst und Gesellschaftsphilosophie begreift die aktuelle Retrospektive im Österreichischen Filmmuseum das nur schwer abzugrenzende, sich ständig transformierende Genre des Science-Fiction-Films.

Im Bild: Chris Markers 28-minütige Bildmeditation "La Jetée" (1963), Beispiel für eine europäische Ausformung von Science Fiction.

Foto: Österreichisches Filmmuseum

Auf Realismus abzielende Filme lassen sich dem Science-Fiction-Kino ebenso zuordnen wie solche, die mit den Konventionen des Fantasy- oder Horrorfilms (im Bild: "Scanners" von David Cronenberg, 1981) arbeiten. Gemeinsamer Brennpunkt: Vorstellungen von der Zukunft.

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50 Beispiele für höchst unterschiedlichen Manifestationen von Science Fiction, von B-Pictures über avantgardistische Kurzfilme bis zu Blockbuster-Erfolgen, bietet die von Christoph Huber und Olaf Möller kuratierte Retrospektive auf. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich von 1946 bis 2008, unter den frühesten Beispielen findet sich mit "Destination Moon" von Irving Pichel aus dem Jahr 1950 eine der ersten "Space Operas", die von der Reise ins All erzählt.

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Ebenfalls aus den frühen Tagen filmischer Science Fiction stammt "Vynález zkázy" (1958) des tschechischen Tricktechnik-Innovators Karel Zeman, die als "quintessentielle" Jules-Vernes-Verfilmung gilt. Am Montag, 14. Februar, gibt es dazu eine Einführung vom Filmexperten Hans Langsteiner.

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Wie Science Fiction heute aussehen kann, hat der französische Regisseur Olivier Assayas 2002 mit einem vielschichtigen Thriller für das Internet-Zeitalter, "Demonlover", vorgeführt.

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Aus dem selben Jahr stammt der koreanische Film "Sungnyangpali sonyeoui jaekin/Die Auferstehung des Mädchens mit den Schwefelhölzern" von Jang Sun-woo, in dem Hans Christian Andersens berühmte Mädchenfigur nicht Zünder, sondern Feuerzeuge auf den verschneiten Straßen Seouls verkauft. Ein Film zwischen "grellem Pop-Spektakel und perfekt gezirkelter buddhistischer Parabel" - auch das kann Science Fiction sein.

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Nicht fehlen in der Auswahl dürfen stilbildende Klassiker wie Andrej Tarkovsikijs "Solaris" (1972), der mehr denn je auch heutigen Filmemachern als wichtige Referenzfläche dient. Ein Beispiel dafür, Deimantas Narkevicius' "Revisiting Solaris" (im Bild) aus dem Jahr 2007, kann sogar mit dem originalen Hauptdarsteller Donatas Banionis aufwarten und wird als Vorprogramm gezeigt. Regisseur Narkevicius und Solaris-Darstellerin Natal'ja Bonarcuk werden sich am 3. März höchstselbst zu einem Gespräch im Filmmuseum einfinden.

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Wie gut Science Fiction und grellbunter Pop zusammengehen, dafür finden sich in der "Geschichte der Zukunft" des Filmmuseums gleich mehrere Beispiele: aus dem Italien von 1965 kommt Elio Petris "La decima vittima" mit dem als Sexforscherin auftretenden Ex-Bond-Girl Ursula Andress. Marcello Mastroianni gibt auch in der Vision einer totalitären Zukunft den Playboy.

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Ebenfalls aus dem Jahr 1965 und gerne der Coolness der Sixties zugeschlagen (Eddie Constantine als Special Agent Lemmy Caution!), dabei eine höchst melancholische Zukunftsvision, gefilmt auf den Straßen von Paris: Jean-Luc Godards "Alphaville".

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Ein Jahr nach seinem Nouvelle-Vague-Kollegen Godard wandte sich François Truffaut ebenfalls mit dem Blick in eine totalitäre Zukunft der Science Fiction zu: Die in englischen Studios entstandene Ray-Bradbury-Verfilmung "Fahrenheit 451" erzählt von einer Welt, in der Bücherverbrennungen an der Tagesordnung stehen.

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Als Spannungsfilm hat Robert Wise, der auch mit seinem Klassiker "The Day the Earth Stood Still" (1951) in der Retrospektive vertreten ist und später den ersten Star-Trek-Kinofilm drehen sollte, seine Vision einer bedrohten Welt 1971 in Szene gesetzt: "The Andromeda Strain" (im Bild) basiert auf einem Roman Michael Chrichtons. Ausgangspunkt: Ein tödliches Virus aus dem All hat in einer Stadt in New Mexico alle Bewohner außer einem Greis und einem Baby ausgelöscht.

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Ein Monster, das aus dem Körperinneren hervorbricht und ein Film, der zu einem popkulturellen Fixstern geworden ist: Ridley Scott inszenierte "Alien" 1979 gekonnt als Spiel mit dem Horror, das später von Kollegen wie James Cameron und David Fincher variiert wurde. Im Filmmuseum ist eine Revision des Originals, Scotts "Director's Cut" aus dem Jahr 2003, zu sehen.

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Auch eine ungeahnte Entwicklung im Universum filmischer Science Fiction: Der wohl einflussreichste Genre-Vertreter 80er Jahre, der mit Film-Noir-Elementen durchsetzte, von "Alien"-Regisseur Ridley Scott inszenierte "Blade Runner" (1982) floppte an den Kinokassen, um seine Wirkung erst verzögert, aber dafür um so nachhaltiger zu entfalten. Wie groß die Spannweite filmischer Geschichten der Zukunft ist, dafür hält "Science : Fiction" noch bis 10. März weitere Beispiele aus über sechs Jahrzehnten bereit. (glicka, derStandard.at, 11. Februar 2011)

 

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