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Der royale Tausendsassa ist auch im TV ein Verkaufsschlager.

APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER

Es ist ein bisserl länger her, dass mir Mario-Max Prince Antonius Adolf Albert Edward Oliver Gertraud Edith Helga Magdalene Prinz zu Schaumburg-Lippe in Wien über den Weg lief. Doch nun rief sich der Sohn einer Salzburger Tierärztin, der sich heute gern Teil des europäischen Hochadels nennt, wieder in Erinnerung: Sein medial kolportiertes Ansinnen, dem Adel in Österreich notfalls durch Klagen wieder zum angestammten und gottgegebenen Recht auf Titel und Präpositionen zu verhelfen, war schließlich kaum zu übersehen.

Ich wollte achselzuckend weiterklicken, als mir ein paar Details wieder einfielen: So hatte sich unmittelbar nach meinem Erstkontakt mit dem Adoptivblaublüter einer der alten - im Sinne von „über Generationen schon so heißenden" - Schaumburg-Lippes gemeldet. Und mich auf einen kleinen Link hingewiesen, der - natürlich ganz zufällig - als Posting unter einer September-Paparotti-Schaumburgerei aufgetaucht war.

Werdegang

In diesem Artikel beschrieb eine Journalistin fast minutiös, wie der als österreichischer Mario Wagner Geborene zu Namen, Titeln, deutscher Staatsbürgerschaft und Geld gekommen sein soll. Wieso der Konjunktiv? Es ist mir nicht möglich, zu beurteilen, was daran wahr, erlogen oder halbwahr ist. Ich identifiziere mich daher auch nicht mit dem Text. 

Doch es ist wohl kein Zufall ist, dass mich just ein „alter" Schaumburg mit der Nase darauf stieß. Und schon die Tatsache, dass dieses Dokument bis heute im Netz abrufbar ist, obwohl die Klagsfreudigkeit des Tausendsassas bekannt ist, ist bezeichnend: Der Bericht strotzt vor Andeutungen und Hinweisen auf Seltsamkeiten, mit denen der Designer, Fotograf, Sänger, Moderator, Lebensberater usw. jene betagte Dame, der er zumindest einen Teil seines Geldes und seiner Namen und/oder Titel zu verdanken scheint, von der Außenwelt und ihrer Familie abzuschotten versucht haben soll. Und zwar bis zu ihrem - so suggeriert es der Artikel: leicht fragwürdigen - Tod. Der zum Prinzen avancierte Jurist mit dem Spezialgebiet Namens- und Medienrecht selbst erzählt die Geschichte jedenfalls anders.

Ich betone: Den Wahrheitsgehalt des Artikels zu überprüfen, war und ist mir nicht möglich. Und selbst wenn, würde ich hier nicht auf einen ganz zentralen Satz verzichten, der im Umgang mit jedwedem dauerlächelnden Weißwester - egal, ob blau-, kalt- oder andersblütig - aus Gründen des medialen wie persönlichen Selbstschutzes unerlässlich ist: Es gilt die Unschuldsvermutung.

Obwohl mir später der aus Salzburg stammende Hochwohladoptierte am Telefon von seinem aufreibenden Alltag zwischen Anwalts- und Designerjob in seiner Pass-Heimat Deutschland erzählt hatte, hielt ich damals das Thema für beendet.

Astro-TV-Shop

Nun aber packte mich doch die Neugierde: Immerhin hatte der Mann, dessen Doktorarbeit kurz vor Weihnachten von einem Gericht dann doch nicht als reines „Copy-Paste"-Plagiat deklariert wurde, mir ja persönlich erklärt, dass er auch TV-Moderator sei. Einmal pro Woche erzähle er auf Astro TV in seiner Sendung „Astro Royal" über das, was an den europäischen Höfen so liefe. Weil er qua Herkunft Zugang zu den besten Häusern habe.

Auf der Seite des ebenso renommierten wie bestbeleumundeten Senders fand ich des Prinzen Live-Show nicht. Sylvia Fukking ("Sylvia, blondes Orakel von Delphi, möchte Sie wieder glücklich machen"), Claudia C. Zimmermann ("Die starke Liebe zu Jesus begleitet Claudia in ihrer Beratung") und Vadim Tschenze ("Vadim stammt aus einer russischen Kartenlegerdynastie) tauchten zwar alle paar Scroll-Millimeter auf - doch keine Spur vom Blaublut-Talker.

Also fahndete ich auf der AstroTV-Seite anders - und wurde üppig fündig, als ich „royal" als Suchbegriff wählte: Ein "Reichtum Royal Elixier by Mario Max Prinz zu Schaumburg Lippe" gibt es etwa im AstroTV-Shop zu erstehen. Ein "Expertenprodukt von Prinz Mario-Max" um 99,95 Euro - das nicht nur „in hochwertiger eleganter Echtglasflasche mit sparsamen Feinzerstäuber und goldmetallischer Royalschutzkappe" kommt, sondern auch noch in einem "vom Prinzen handsignierten Geschenkskarton". Ja, mehr noch: "Das Reichtum Royal Elixier ist der Aktivator für Ihre Reichtumsenergie. Das angenehme Royal Elixier ist eine Entwicklung aus dem Wissen um die tausendjährige Geschichte von ewigem Royalem Reichtum." Ich war ergriffen. "Der feine Sprühzerstäuber stellt sicher, dass Sie glücklich und reich durchs Leben gehen können."

Und wäre da nicht das Wort „Prinz Mario Max" (ohne „zu") als Link erkennbar gewesen, hätte ich sofort bestellt. So aber kam ich dorthin, wo alle prinzlichen Produkte gelistet sind: Vom "Reichtumscollier (gefüllt mit Reichtumselixier)" über die "Aktivier Kerze Reichtum" und Parfums und Eau de Colognes für/von "Crown Princess" und "Crown Prince" reichte das Portfolio bis hin zum "Liebesaktivier Elixier by Mario Max zu Schaumburg-Lippe".

Sohn des englischen Thronfolgers

Staunend lernte ich auch, dass der Sohn der einst in der Salzburger Landesregierung für Tierschutz zuständigen Abgeordneten Gertraud Wagner-Schöppl es familiär wirklich weit gebracht hat: "Seine Hoheit, Prinz Mario-Max zu Schaumburg-Lippe, ist der Sohn des Thronfolgers von England, Prinz Waldemar, und der Cousin der Dänischen Königin. Er berät Sie persönlich mit seiner ausgeprägten Hellsicht und dem I-Ging Orakel." Was AstroTV im Sinne der Kompaktheit der Informationen auslässt: Mario-Maxens Adoptivvater, Prinz Waldemar zu Schaumburg-Lippe, ist nicht wirklich in unmittelbarer Griffweite auf den Buckingham Palace: Stimmen die Angaben diverser Internet-Adelsseiten, stand Waldemar im Jahr 2010 an 998. Stelle. Aber egal.

Zum I-Ging-Orakel befragte ich dann aber doch lieber Youtube - und fand dort, ganz nebenbei, auch noch ein bisserl Adelsgeplauder des phantastischen Prinzen.

Nun wunderte mich gar nichts mehr. Oder vielleicht doch eines: Wie kommt es bloß, dass der übrige, unterdrückte und geschmähte Adel so lange darauf gewartet hat, sich hinter diesem Mann zu sammeln? Schließlich verspricht seine Ankündigung allen Menschen von Geblüt jenes "pleni tituli" wieder zukommen zu lassen, das ihnen doch gebührt. Aber vielleicht steht der Hochadel ja ohnehin längst geschlossen hinter Prinz Mario Max - nur ich und all die anderen Plebejer wissen es noch nicht. Weil wir zu diesen Kreisen keinen Zutritt finden. Das liegt dann wohl an meiner niedrigen Geburt - einem Makel, mit dem zu leben ich und andere Menschen irgendwann vielleicht doch zu leben lernen werden.
(Thomas Rottenberg, derStandard.at, 10.2.2011)