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Wenn es nach den Liberalen geht, tagen die EU-Parlamentarier bald nicht mehr in Straßburg.

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Straßburg - Das EU-Parlament in Straßburg wird in den kommenden beiden Jahren seinen häufig kritisierten "Wanderzirkus" von Brüssel nach Straßburg erstmals etwas einschränken. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch dafür, zwei Plenarsitzungen im Oktober 2012 und 2013 innerhalb einer Woche abzuhalten anstatt wie bisher in zwei getrennten Wochen. Das Votum wurde von österreichischen Europaabgeordneten begrüßt.

Nach dem EU-Vertrag ist das EU-Parlament verpflichtet, zwölf Sitzungen im Jahr in Straßburg abzuhalten. Da während der Sommerpause im August keine Sitzung stattfindet, muss diese üblicherweise später nachgeholt werden. Der liberale deutsche Europaabgeordnete Alexander Alvaro bezeichnete die in geheimer Abstimmung getroffene Entscheidung als "Anfang vom Ende des Straßburg-Wanderzirkus". Über den Parlamentssitz selbst müssten allerdings die EU-Staaten mit Einstimmigkeit entscheiden. Frankreich hat bisher keine Bereitschaft an einer Aufgabe des Straßburg-Sitzes erkennen lassen.

SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried sprach von einem "Zeichen des Aufbegehrens" des Europaparlaments gegen den in den EU-Verträgen verankerten Wanderzirkus. Konkret werde die Sitzung vom 1. bis 4. Oktober 2012 und vom 30. September bis 3. Oktober 2013 in Straßburg gestrichen. Der fraktionslose Europaabgeordnete Hans-Peter Martin sagte, allein durch diesen Beschluss werden "zumindest 20 Millionen Euro eingespart". Er forderte zugleich, auch den dritten Parlamentssitz Luxemburg - dort ist das Generalsekretariat der Volksvertretung untergebracht - zurückzubauen und kritisierte, dass dort 450 Millionen Euro investiert werden sollen. Die Abstimmung sei "der Anfang vom Ende für den völlig unnötigen zusätzlichen Parlamentssitz in Straßburg".

Die Grüne Europaabgeordnete Ulrike Lunacek sprach von einem "Etappensieg im Streit um die Abschaffung des Straßburg-Sitzes des Europaparlaments". Damit würden nicht nur hunderttausende Euro Steuergelder eingespart, sondern auch "der durch den EU-Wanderzirkus verursachte Schadstoffausstoß von Flugzeugen, Autos, LKWs etc. verringert". Dennoch handle es sich nur um einen kleinen Schritt: "Ein Straßburg-Termin weniger, bleiben noch elf."

Leichtfried wies darauf hin, dass in dem von den Europaabgeordneten angenommenen Bericht nur noch ein Parlamentssitz genannt werde. "Wir Europaabgeordnete haben damit klar gemacht, dass wir Brüssel als einzigen Parlamentssitz haben wollen. Bisher gibt es immer noch drei Sitze des Parlaments - neben Brüssel auch in Straßburg und Luxemburg."

Gemeinsam mit dem Vizepräsidenten der sozialdemokratischen Fraktion, Hannes Swoboda, äußerte Leichtfried die Hoffnung, dass nun auch Frankreich einlenken werde und den Parlamentsbeschluss nicht vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bekämpfen werde. Beobachter sehen in dem Parlamentsbeschluss vom Mittwoch vor allem einen "Testballon". Sollte Paris nicht gegen die Entscheidung der Abgeordneten klagen, dürfte ein Beschluss zur völligen Streichung der Straßburg-Sitzungswochen folgen.

Der deutsche CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt nannte die Zusammenlegung von zwei regulären Straßburger Plenarsitzungen illegal. "Das ist ein klarer Verstoß gegen den Vertrag, der von zwölf monatlichen Plenartagungen in Straßburg spricht, und muss deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg angefochten werden." (APA)