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Privatjet des US-Herstellers Lear: bei der Prominenz beliebt

Foto: AP/dapd/Frank Augstein

Michèle Alliot-Marie schrammte offenbar haarscharf an der Entlassung als Außenministerin vorbei. Laut Berichten wollte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sie am Dienstag eigentlich entlassen: Mit ihrem Tunesienurlaub im Privatjet eines Geschäftsmannes des Ben-Ali-Regimes bewies die 64-Jährige nicht nur eine lockere Berufsmoral, sondern auch politische Blindheit.

Am Dienstagabend berichtete das Enthüllungsblatt Canard Enchaîné allerdings, dass Premier François Fillon an Silvester seinerseits einer Einladung des ägyptischen Machthaber Hosni Mubarak zu den Nil-Tempeln gefolgt war. Dieser zweite Fall ist politisch wie berufsethisch etwas weniger bedenklich. Nicolas Sarkozy konnte deshalb am Mittwoch davon absehen, Fillon zu entlassen. Die Demission des Regierungschefs hätte ihn selber geschwächt, zumal er nach der Präsidentenwahl 2007 selber auf der Luxusjacht eines Milliardärs Ferien gemacht hatte und danach einer Einladung Mubaraks gefolgt war. Seinen letzten Weihnachtsurlaub verbrachte Sarkozy auf Einladung des marokkanischen Königs Mohammed VI. in Marrakesch.

Zusammen mit Fillon überlebt - bis auf weiteres - auch Alliot-Marie die Affäre. Niemand hätte in Paris verstanden, wenn sie jetzt allein den Hut nehmen müsste. Um wenigstens den Eindruck einer beherzten Reaktion zu erwecken, gab Sarkozy in der wöchentlichen Regierungssitzung bekannt, dass seine Minister ihre Ferien in Zukunft nicht mehr im Ausland verbringen sollten. Wer dies trotzdem tun wolle, brauche die Zustimmung des Elysée-Palastes. Auf die Destination von Diktatorenländern gemünzt, meinte Sarkozy: "Was vor einigen Jahren noch normal schien, kann heute schockierend wirken."

Medien erinnern an Sarkozys Wahlversprechen einer "tadellosen Republik". Mehrere Minister hatten zurücktreten müssen, weil sie teure Privatjets und andere Privilegien missbrauchten. Die Linksopposition fordert den Rücktritt von Alliot-Marie. Vertreter der Regierungspartei UMP meinten jedoch, die Sozialisten seien mit Ben Ali ebenfalls auf gutem Fuß gestanden. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 10.2.2011)