Wien - Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser bekommt nicht nur Fanpost: Der frühere ÖVP-Politiker Bernhard Görg rechnet nun in einem vom Wochenmagazin "Falter" veröffentlichten Offenen Brief (laut Vorausmeldung zur morgigen Ausgabe) mit Grasser ab. Grasser hatte kürzlich in der ORF-Sendung "Im Zentrum" den Brief einer Unterstützerin vorgelesen, er sei zu jung als Finanzminister gewesen, zu intelligent, zu gut ausgebildet, etc.

"Zu viel an Wendigkeit"

Görg zählt nicht mehr zu Grassers Fans: Er habe zwar selber lange ein Loblied auf Grassers "politische Strahlkraft" gesungen, sei aber dann heilfroh gewesen, dass aus dem Plan, ihn zum Frontmann der ÖVP zu machen, nichts geworden sei. "Zuerst stramm FPÖ, dann stramm parteifrei und zu guter Letzt stramm ÖVP, das war mir zu viel an Wendigkeit".

Grasser sei seinen Jägern bei der "medialen Treibjagd" zu Hilfe gekommen, als er "zur falschen Zeit beim falschen Mann", nämlich bei Julius Meinl, angeheuert habe. Die Buwog-Affäre bezeichnet Görg als "gefühlter Volltreffer": Die "Duldung nichtsnutziger Schmarotzer" im Umfeld sowie Grassers Verteidigungslinie, mit seinem Trauzeugen (Walter Meischberger, Anm.) nie über die Buwog gesprochen zu haben, sei "ungefähr so glaubhaft wie meine Behauptung, mich mit meiner Frau nie über unsere Kinder unterhalten zu haben".

"Schwarzer Fleck"

Die von Grasser selbst angezeigte Steuerhinterziehung ist für Görg schließlich ganz schlimm. "Aber noch schlimmer finde ich Ihre Dreistigkeit, noch zu einem Zeitpunkt die Blütenreinheit und Superweißheit Ihrer Weste zu beteuern, zu dem Sie längst den Behörden Ihren schwarzen Fleck gebeichtet hatten."

Görg war von 1992 bis 2002 Obmann der Wiener ÖVP sowie Wiener ÖVP-Stadtrat und Vizebürgermeister (1996 bis 2001). Heute ist er einfaches ÖVP-Parteimitglied und Bühnenautor. (APA/red)