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Holt Felix Magath zum Gegenschlag aus? Die Attacken kommen von allen Seiten.

Foto: APA/Gambarini

Als Trainer, Manager und Geschäftsführer in Personalunion krempelte Felix Magath einst den VfL Wolfsburg um. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Mit Top-Einkäufen wie Grafite oder Dzeko feierte er zwei Jahre später den Meistertitel - um sich danach in Richtung Schalke 04 zu verabschieden. Im Gepäck ein großes Versprechen: Den Meistertitel. Lediglich auf den Zeitpunkt des Triumphes wollte er sich nicht festlegen.

Erst einmal wurden ein paar Schalker Altlasten ausgemistet. Für das nicht unbedingt erfolglose Interims-Trainertrio Youri Mulder, Mike Büskens und Olli Reck hatte Magath keine Verwendung mehr. Altlasten die manch einem Fan auch besser bekannt waren als "Eurofighter" - Schalker Helden aus vergangenen Tagen.

Auch innerhalb der Mannschaft begann Magath, wie in Wolfsburg, rasch mit seinen Umbauarbeiten. Ein Jahr später beendete Schalke die Saison als Vizemeister. Die versprochene Meisterschale schien wahrlich nur noch eine Frage der Zeit. Das "System Magath" eben.

Absturz nach Vize-Meistertitel

Nur ein halbes Jahr später hat sich die Situation grundlegend geändert. Magath steht schwer in der Kritik, die Fans protestieren und die Schale dürfte zwar im Ruhrpott landen, allerdings beim Erzrivalen aus Dortmund. Und von eben diesem wurden die Schalker am vergangenen Freitag nahezu an die Wand gespielt. Gerettet nur von einem überragenden Manuel Neuer.

Wäre dieser nicht Fußballprofi geworden, würde er als "echter Schalker" wahrscheinlich noch heute in der Kurve stehen. Und sich möglicherweise an den Protesten gegen die Alleinherrschaft von Felix Magath beteiligen.

Offener Brief als Höhepunkt der Kritik

Bekanntermaßen spielen die Fans auf Schalke eine bedeutende Rolle. Kaum ein Publikum identifiziert sich in solchem Ausmaß mit ihrem Verein wie die Anhänger der Königsblauen. Schalke 04 - der Arbeiterklub aus dem Ruhrpott. 

Schon am 31. Jänner herrschte Hochbetrieb auf den Servern der Schalker Fan-Foren. Grund waren die Last-Minute Transfers á la Karimi und Charisteas. Publikumsliebling Jermaine Jones und Ivan Rakitic wurden abgegeben. Ein User sprach gar von einem Geheimplan Magaths und dass dieser eigentlich ein Dortmunder sei. Ein Anderer meinte, er wisse nicht einmal mehr welchen Namen er sich denn noch auf sein Trikot drucken lassen könne. Der seit eineinhalb Jahren andauernde Umbau der Mannschaft beunruhigt die Fans.

Am Sonntag konkretisierten die Fans ihre Proteste in einem offenen Brief an den Aufsichtsrat. Man sei nicht mehr bereit den wirtschaftlichen und sportlichen Weg des FC Schalke 04 kritiklos mitzutragen. Die ständigen Transferrochaden sind für die Anhänger unverständlich geworden. Sie fordern den Aufsichtsrat in seiner Funktion als Kontrollorgan. Doch der Hauptkritikpunkt der Anhänger ist nicht einmal das muntere Austauschen von Magaths Spielfiguren.

Fans fürchten um Mythos „Schalke 04"

Viel mehr sehen sie sich als wichtigen Teil des "Kumpel und Malocherclubs mit über 100-jähriger Tradition". Und als solcher wollen sie ernst genommen werden. Die Anhänger befürchten eine Entfremdung des Vereins zu seinen Mitgliedern und Fans - die Zerstörung des Mythos "Schalke 04".
Am Ende des Briefes steht eine direkte Aufforderung an den Aufsichtsrat:

Gebt uns unseren Verein wieder, bevor er zu einem seelenlosen "Allerweltsverein" verkommt! Verkauft nicht die Seele des Vereins!

"Auf Schalke muss man die Fans mitnehmen"

Obwohl die Kritik in dem Brief ausschließlich an den Aufsichtsrat geht und der Name Magath nicht einmal erwähnt wird, ist sie indirekt doch an ihn gerichtet. Denn eine Forderung zur stärkeren Einmischung des Aufsichtsrats in die Vereinspolitik kann durchaus als Kritik am "Alleinherrscher" Magath gesehen werden. Seit Magath das Zepter auf Schalke übernommen hat, hat sich vieles verändert. Vor allem durch die mangelnde Kommunikation fühlen sich die Fans ausgeschlossen.

Als hätte er es geahnt, stieß der Chef des Aufsichtsrats Clemens Tönnies bereits am Vortag ins gleiche Horn: "Auf Schalke muss man die Fans mitnehmen. Das hat Felix versäumt. Somit ist er selbstverschuldet in die Kritik gekommen."

Kein Alleingang von Magath

Magath selbst dürfte inzwischen eingesehen haben, dass es bei einem Club wie Schalke ohne die Fans im Rücken rasch ungemütlich werden könnte. In zahlreichen TV-Interviews rechtfertigte er am Wochenende seine Transferpolitik und versuchte die Fans mit ins Boot zu holen: "Ich will nicht der FC Schalke sein. Ich will zusammen mit den anderen und vor allem den Fans diesen Verein nach vorne bringen."

Einen "Sololauf" zum Titel wie in Wolfsburg wird für Magath auf Schalke nicht möglich sein. Viele seiner Handlungen ließen sich aber dennoch durch eine einzige Kleinigkeit rechtfertigen, die wohl auch die (noch) treuen Seelen der Anhänger besänftigen würde: Die versprochene Meisterschale. (red, derStandard.at, 7.2.2011)