Schmückt seit mehr als fünf Jahren den steirischen Hochschwab: Das "Schiestlhaus", das erste hochalpine Passivhaus, liegt auf einer Seehöhe von 2.154 Meter.

Foto: Haus der Zukunft/Robert Freund/ÖGUT

Mitte 2011 soll mit dem Bau des Plusenergiehauses "Aspern IQ" in der künftigen Seestadt im Osten Wiens begonnen werden.

Bild: ATP Architekten

Niedrigenergie- und Passivhaus, Nullenergie- und Plusenergiehaus, CO2-neutrales Haus: derStandard.at hat sich ein Bild über die gängigen Typen energieeffizenter Häuser gemacht.

Am Anfang war das Niedrigenergiehaus. Für diesen Wegbereiter in Sachen energiesparendes Bauen und Wohnen gibt es keine präzise Definition. Für die einen handelt es sich dabei um ein Gebäude, das einen Heizwärmebedarf irgendwo zwischen 20 und 70 kWh/m²/a (= Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr) aufweist, andere sprechen von maximal 40 kWh/m²/a. Wieder andere machen es den Laien einfacher und beschreiben das Niedrigenergiehaus als Bau, der circa 30 Prozent weniger Energie verbraucht als ein gewöhnliches Haus.

In einer Weiterentwicklung kam es Anfang der Neunziger Jahre schließlich zum Konzept des Passivhauses. Im Gegensatz zum Niedrigenergiehaus wurde für das Passivhaus ein genauer Standard mit Bewertungskriterien festgelegt. Unter dem Motto "Energie, die nicht verloren geht, braucht auch nicht erzeugt zu werden" definiert die IG Passivhaus Österreich das Konzept als Gebäude mit einer sehr guten Wärmedämmung und Dichtheit, das mit einer effizienten Lüftungsanlage für permanent frische Luft ohne Wärmeverluste sorgt.

Mit Hilfe einer hochwirksamen Wärmerückgewinnung wird die frische Zuluft mit der Wärme der Abluft aufgeheizt – für den Winter wird also keine klassische Heizung mehr benötigt. Im Sommer wird auf aktive Nachtlüftung gesetzt, um die kalte Luft von draußen sozusagen als natürliche "Klimaanlage" arbeiten zu lassen. Weitere Kriterien für ein funktionierendes Passivhaus sind zum Beispiel spezielle dreifach verglaste Passivhausfenster sowie eine weitgehende Vermeidung von Wärmebrücken.

Abwärme und gute Außenhülle

Um der Passivhaus-Zertifizierung gerecht zu werden, darf technisch gesprochen der Heizwärmebedarf (oft auch als "Energiekennzahl" bezeichnet) eines Gebäudes nicht über 15 kWh/m²/a betragen. Um diesen geringen Wärmebedarf zu decken, werden zum Großteil "passive Quellen" genutzt, zum Beispiel die einstrahlende Sonne oder auch die Abwärme der Bewohner, des Backofens und der Beleuchtung. Rund 80 bis 90 Prozent weniger Raum-Heizkosten sollen in einem Passivhaus im Vergleich zu einem gewöhnlichen Gebäude benötigt werden.

Entscheidend sei dabei die Lüftungsstrategie, erklärt Karin Stieldorf vom Institut für Architektur und Entwerfen an der TU Wien. "Die Gebäudehülle muss so gut sein, dass man den Wärmetransport über die Zuluft organisieren kann." Nicht immer sei es aber optimal, die Wärme allein über die Zuluft einzubringen: "Wenn man einen Kindergarten plant, wird die Grundlast zum Beispiel über Bodenheizung oder andere Flächenheizungen abgedeckt." Denn dieser dazu geschaltete Wärme-Input, oft in Form von kleinen Flächenheizungen, bietet Strahlungsaustausch und mehr Komfort für die Bewohner und Nutzer des Gebäudes. "Strahlungswärme ist etwas, das vielen Leuten im Passivhaus fehlt."

Die Weiterführung des Passivhauskonzepts fasst Stieldorf wie folgt zusammen: "Das Passivhaus ist ein Niedrigst-Energiehaus mit einer kontrollierten Lüftungsanlage. Dann gibt es das Nullenergiehaus, da schaut die Bilanz so aus, dass die Energie, die ich verbrauche, im oder am Gebäude selbst erzeugt werden kann. Beim Plus-Energiehaus ist die Menge an Energie, die ich erzeugen kann, größer als das, was ich verbrauche. Der Gewinn ist größer als der Verbrauch."

Gesamte Energie selbst produziert

Der Autor Karl-Heinz Haas dokumentiert in seinem Buch "Der Weg zum Nullenergiehaus" Schritt für Schritt und anhand vieler Fotos die Errichtung seines eigenen Nullenergiehauses in Lienz. Er präsentiert das Gebäudekonzept als verbesserte Variante des Passivhauses: "Wäre das Nullenergiehaus eine Weiterentwicklung des Passivhauses, so müsste es einen noch geringeren Heizwärmebedarf haben. (...) Das ist aber physikalisch unmöglich." Ein Nullenergiehaus sei somit ein Passivhaus, "das die gesamte noch benötigte Energie über das Jahr gerechnet selbst produziert."

"In der überwiegenden Anzahl bisheriger Anwendungen wird unter Nullenergiehaus aber 'nur' ein Haus verstanden, das hinsichtlich der Bilanz bezüglich gelieferter Energie und exportierter Energie neutral abschneidet", gibt Christian Pöhn vom Bauphysiklabor der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien (MA 39) zu bedenken. "Nachdem bisher das Hauptaugenmerk auf der Raumwärme gelegen ist, wird diese Bilanz auch meist nur für diesen Bereich durchgeführt. Dies bedeutet, dass zur Befriedigung von Warmwasserwärmebedarf und Strombedarf für den Wohngebäudebereich jedenfalls noch weiter Lieferenergie benötigt wird."

Nullenergiehäuser – also inklusive Warmwasser und Strom – sind durchaus möglich, allerdings in der Praxis oft nicht durchzuführen, weil zum Beispiel der Platz auf dem Hausdach für ausreichend viele Quadratmeter thermische Sonnenkollektoren und Photovoltaik-Solarzellen nicht ausreiche, so Pöhn.

Mehr Gewinn als Verlust

Umso schwieriger scheint es also, ein so genanntes Plusenergiehaus zu schaffen. Eine allgemein anerkannte Definition eines Plusenergiegebäudes gibt es noch nicht. Im Projekt "Haus der Zukunft" des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie findet sich folgende Begriffsbestimmung: "Unter 'Plus-Energie-Gebäude' wird ein Gebäude verstanden, dessen jährlicher Primärenergieverbrauch vor dem Hintergrund höchster Energieeffizienz unter der vor Ort produzierten erneuerbaren Energie liegt. Unter 'vor Ort' wird innerhalb der Grenzen der Siedlung oder des Gebäudes bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft hierzu verstanden."

Auch Karl-Heinz Haas betont die Wichtigkeit der vor Ort bereitgestellten erneuerbaren Energie: "Heute sind (...) Nullenergiehäuser und Plusenergiehäuser nur im Passivhausstandard mit einer Photovoltaikanlage realisierbar, die den entsprechenden Strom liefert – für die Heizung, für alle Stromverbraucher oder mehr als verbraucht wird."

In allen Konzepten geht es also vor allem um die Bilanz: "Auf der einen Seite habe ich den Bedarf, also die Verluste, und auf der anderen Seite die Gewinne", erläutert Karin Stieldorf von der TU Wien. "Beim Passivhaus sollen die Verluste möglichst klein sein, beim Nullenergiehaus sollte es sich die Waage halten, und beim Plusenergiehaus sollten die Gewinne größer sein."

Emissionsfreie Bilanz

Bleibt noch das häufig erwähnte CO2-neutrale Haus. Ziel dieses Konzepts ist die CO2-Neutralität über den Lebenszyklus des Hauses. Dazu müssen der Gesamtenergiebedarf und besonders der Primärenergiebedarf so gering wie möglich gehalten werden.

Energie kann immer auch in CO2-Emissionen umgerechnet werden. "Je weniger Energie ein Gebäude braucht, umso weniger CO2-Emissionen produziere ich damit auch", so Stieldorf. "Aber es geht natürlich auch um die Lebenszyklus-Analyse. Das heißt, ich schaue mir genau an, was bereits während des Baus des Gebäudes an CO2-Emissionen verursacht wurde."

Genauer gesagt betrifft das die Herstellung der Baustoffe inklusive aller Vorprozesse und deren Transport zur Baustelle. Ebenso in der Rechnung inbegriffen sein müssen die verursachten Emissionen durch die Herstellung der haustechnischen Anlagen, weiters der Energiebedarf während des Betriebs bis hin zum Abbruch des Gebäudes. – Kurzum, der gesamte Lebenszyklus muss beachtet werden.

Ausblick in die Zukunft

Die Lebenszyklus-Analysen seien inzwischen weit fortgeschritten, sagt Stieldorf, "denn die Daten sind viel besser als früher. Aber man muss quasi für jedes Material, das im Gebäude verbaut wird, wissen, wie es produziert und transportiert wurde." Das muss dann alles summiert werden. "Die Lebenszyklus-Analyse braucht sehr gute Daten aus der Industrie – inzwischen haben wir die zum großen Teil auch, aber es ist natürlich sehr aufwändig, so etwas zu erstellen."

Allerdings gehe es nicht immer nur darum, die Energiebilanz zu optimieren und die CO2-Emissionen zu verringern; sondern darüber hinaus um die Frage, wie man – auch in Hinblick auf die Ressourcenknappheit – umweltbewusst und nachhaltig bauen kann. Also zum Beispiel darum, möglichst viele umweltfreundliche Bau- und Dämmstoffe zu verwenden: "Genauso wie es Ziel ist, sich energetisch zu verbessern, ist es ein wichtiges Ziel, dass das Passivhaus auch ökologischer wird. Denn ich kann ein sehr energieeffizientes Gebäude bauen, das dann aber nicht unbedingt ökologisch ist." (Jasmin Al-Kattib, derStandard.at, 7.2.2011)