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Foto: APA/EPA/Fiqi

In seiner Unauffälligkeit passt Mohammed Badie bestens zu den ägyptischen Muslimbrüdern, wie sie sich dieser Tage präsentierten. In den Medien kommt er beinahe nicht vor. Und doch ist er Chef jener oppositionellen Organisation in Ägypten, die wahrscheinlich noch immer die größte Anhängerschaft mobilisieren kann: der Muslimbrüder.

Badie wurde erst vor einem Jahr der achte Murshid (Führer) der Brüder seit ihrer Gründung 1928. Seiner Wahl waren Fraktionskämpfe vorangegangen, und mit Badie setzte sich der konservative Flügel gegen die Reformer durch. Badies Schwerpunkt liegt im sozialen Bereich, wohlgemerkt dient diese Arbeit am Menschen ganz explizit auch der Verbreitung der Ideologie der Bruderschaft.

Der Hintergrund Badies ist sehr typisch für einen Vertreter der Muslimbrüder-Mittelschicht: Der 67-jährige Veterinärmediziner, der im Nildelta in der Stadt Mahalla al-Kubra geboren wurde, lehrt Pathologie an der Universität Beni Suef, seine zwei Söhne sind Computeringenieur respektive Radiologe, seine Tochter Pharmazeutin. Seine Frau Samia kommt sozusagen aus altem Muslimbrüderadel: Ihr Vater Ali Al-Shenawy wurde unter Nasser zum Tode verurteilt, dieses Urteil wurde jedoch später in lebenslang umgewandelt.

Auch Badie kennt einige Gefängnisse von innen: 1959 war er der Bruderschaft beigetreten, schon 1965 stand er gemeinsam mit dem radikalen Ideologen Sayyid Qutb vor Gericht. Qutb wurde 1966 gehenkt, Badie erhielt 15 Jahre, von denen er neun absaß. 1998 war er 75 Tage eingesperrt, und 1999 wurde er zu fünf Jahren verurteilt, wobei er das Gefängnis nach drei wieder verlassen konnte. Das letzte Mal saß er 2008, einen Monat lang.

Wie er es geschafft hat, daneben eine erfolgreiche Akademikerkarriere aufzubauen, ist nicht leicht nachvollziehbar. Eine arabische Wissenschafterliste führt ihn unter den Top-Hundert. Kurze Zeit war er beruflich auch im Jemen, sonst an den ägyptischen Universitäten Assyut, Zagazig und Beni Suef.

In der Muslimbruderschaft war Badie zuerst hauptsächlich auf lokaler Ebene tätig, bis er 1996 Mitglied des obersten Komitees wurde. Zu seinen Dossiers gehörte die Erziehung. Badie tritt für Gewaltlosigkeit ein und streitet auch ab, einen islamischen Staat in Ägypten errichten zu wollen. Seine politischen Aussagen, die von den Propagandainstrumenten der Bruderschaft verbreitet werden, sind jedoch ganz schön radikal. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 7.2.2011)