Thomas Bernhard.

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Dass er "Genie des demonstrierten Zorns und der kalkulierten Verweigerung" war und "allen ein Fremdling", sind vollends zutreffende Behauptungen, kommt man auf Thomas Bernhard. Und weil man jetzt, da er 80 geworden wäre, dann und wann auf Thomas Bernhard kommt, stattet der Film "Die Kunstnaturkatastrophe" Thomas Bernhard mit etlichen neuen, wenn auch keinesfalls überraschenden Beschreibungen aus.

Was dem Film des Stuttgarters Norbert Beilharz voll und ganz zugutegehalten werden muss, ist, dass zum Beispiel das Wort "Übertreibungskünstler" kein einziges Mal vorkommt. Mit absoluter Sicherheit ist das dem Umstand zu verdanken, dass der Film nicht von einem Salzburger, Ohlsdorfer oder, Gott bewahre - obwohl Gott absolut nichts damit zu tun hat -, einem Wiener gemacht worden ist. Die hätten ihn immerfort und ausschließlich "Übertreibungskünstler" genannt und ohne Unterlass Claus Peymann dazu interviewt. Wenn man Thomas Bernhard irgendwie näherkommen wollte, als ihm zum Beispiel Daniel Kehlmann nahekommt, geht das alleine über die Menschen, für die er nicht geschrieben hat. Denn die Menschen, für die er geschrieben hat, haben ihn am allerwenigsten verstanden. Die Wirtsleute und Tierpräparatoren, die er benutzt hat für sein Nicht-für-sie-Schreiben, können mehr sagen als die Profiteure nachträglicher Heiligsprechungen.

Sie sagen nicht, sie zeigen, dass er ein Fremdling war, und kratzen nicht an seiner Grundkonstitution. Unter ihnen konnte er tun, was ihn zur Kunst und zur Personifizierung des Österreichischen machte: Bauernhäuser kaufen, auf eine Leich' gehen wegen des Essens und sich freuen, wenn die Konkurrenz weg-stirbt. (Alois Pumhösel/DER STANDARD; Printausgabe, 7.2.2011)