Hinterstoder - Hannes Reichelt hat den Druck der WM-Qualifikation am Samstag in Hinterstoder perfekt in Geschwindigkeit umgewandelt. Der Salzburger gewann den technisch anspruchsvollen Super-G und sprang damit quasi in letzter Minute auf den Zug Richtung WM in Garmisch-Partenkirchen. Der Tiroler Benjamin Raich machte als Zweiter den Doppelsieg des durch Verletzungen stark dezimierten ÖSV-Teams perfekt. Rang drei ging vor 23.500 Zuschauern bei strahlendem Sonnenschein an Bode Miller.

Für Reichelt war der Sieg doppelt wertvoll, holte er sich nach Michael Walchhofer, Romed Baumann und Raich doch das vierte österreichische WM-Ticket. "Heute hat keiner mit mir gerechnet, und ich hätte auch nicht gedacht, dass es zum Sieg reicht. Der Lauf war im unteren Teil perfekt, im oberen nicht ganz", sagte Reichelt. Weil der Kurs eher wie ein Riesenslalom gesteckt war, "war es von oben bis unten eine Qual. Ich habe mich sehr schlecht gefühlt", sagte er. Auch Benjamin Raich sollte sich seinen Platz im Team gesichert haben, das  Herren-Cheftrainer Mathias Berthold das Team offiziell noch nicht bekanntgegeben hat.

Klaus Kröll kämpfte sich auf dem riesentorlaufähnlichen Kurs auf der Hannes-Trinkl-Strecke zwar auf Rang zwölf, das wird für den WM-Super-G aber zu wenig sein. Stephan Görgl, der sich ebenfalls noch leise Hoffnungen hatte machen dürfen, musste aufgrund von Rückenproblemen auf das Rennen verzichten. Der Kroate Ivica Kostelic baute mit Rang fünf seine Führung im Gesamt-Weltcup weiter aus.

Reichelts Comeback

Reichelt feierte den fünften Weltcup-Sieg seiner Karriere, den ersten auf österreichischem Schnee. "Es ist traumhaft, vor so einer Kulisse in Österreich zu gewinnen. Heute hat keiner mit mir gerechnet, auch ich habe maximal an ein Top-Fünf-Ergebnis geglaubt. Der Sieg verwundert mich selbst", erklärte der 30-jährige. Der Super-G-Weltcup-Sieger 2007/08 ließ sich durch die offene Situation im WM-Rennen ganz und gar nicht entnerven.

"Wenn du dich hineinsteigerst, dann geht's meistens in die Hose", sagte Reichelt, der die Konkurrenz vor allem dank der perfekten Ausfahrt aus dem sogenannten Kanonenrohr in Schach hielt. Auch Raich war einer jener Läufer, dem der sehr drehend gesetzte Lauf zugutekam. "Meine Leistung heute war sehr zufriedenstellend. Aber ich war auch auf anderen Super-Gs wie in Gröden sehr schnell", stellte Raich klar, dass er sich das WM-Ticket seiner Ansicht nach redlich verdient hat.

Attraktives Hinterstoder

Walchhofer war von der Kurssetzung des Norwegen-Trainers Ulf Emilsson deutlich weniger begeistert. "Ich dachte, der Riesentorlauf ist erst am Sonntag", meinte Walchhofer nach dem letzten Rennen seiner Karriere auf österreichischem Boden. "Schade um den schönen Hang. Aber ich hab' mich ins Ziel gekämpft und bin mit dem Ergebnis sehr glücklich", sagte Walchhofer, der vom Rundherum in Oberösterreich begeistert war. "Ein geniales Rennen, Hinterstoder sollte es noch öfter im Weltcup geben."

Das wäre natürlich auch ganz im Sinn von ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel, seines Zeichens Boss der Hinterstoder-Bergbahnen. "Wenn man sich diese Zuschauermassen anschaut, kann man sagen, dass das eines der attraktivsten Rennen des Weltcups ist. Das sollte man für die Zukunft berücksichtigen", betonte Schröcksnadel, der sich aber klarerweise über den Doppelsieg auch aufgrund der nahenden WM freute.

"Ich bin sehr glücklich, dass unsere Läufer vor der WM so aufgezeigt haben. Die Nachrichten, dass es Hans Grugger wieder besser geht, haben die Stimmung im Team auch stark gehoben", berichtete Schröcksnadel. Genau das bestätigte auch Kröll: "Die guten Nachrichten aus dem Krankenhaus sind sehr beruhigend. Jetzt können wir uns wieder besser auf unseren Job konzentrieren." Berthold blieb reserviert: "Wenn man bei einem Großereignis zu viel will, geht das in die Hose." Österreichs Herren sind seit dem Doppel in Abfahrt und Super-G 2003 in St. Moritz vor acht Jahren ohne WM-Titel in den Speed-Disziplinen (red/APA)