Kairo - In Ägypten suchen angesehene Persönlichkeiten einen Ausweg aus dem Patt zwischen dem Regime von Präsident Hosni Mubarak und den seit Tagen demonstrierenden Oppositionellen. So traf sich der langjährige Ex-Außenminister und Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, mit einer Gruppe, die sich "Rat der Weisen" nennt. Dieser übermittelte dem Büro von Vizepräsident Omar Suleiman einen Kompromissvorschlag, wonach Präsident Mubarak zwar bis September formell im Amt bleiben solle, die Amtsgeschäfte aber im Wesentlichen an seinen Stellvertreter übergibt.
Dem "Rat der Weisen" gehören der christliche Milliardär Naguib Sawiris, der stellvertretende Vorsitzende der Nationalen Menschenrechtskommission, Ahmed Kamal Aboul Magd, sowie der Publizist Salama Ahmed Salama an.
Sprecher für Protestbewegung gesucht
Nach einem Bericht des TV-Senders "Al Arabiya" hat Vizepräsident Suleiman bereits auf den Vorschlag des Weisenrates geantwortet. Zum Inhalt der Antwort wurden jedoch keine Angaben gemacht. Außerdem forderte der "Rat der Weisen" die Jugendprotestbewegung auf, Vertreter zu ernennen, die an Verhandlungen über einen friedlichen Machtwechsel beteiligt werden sollten.
Aus Kreisen der Arabischen Liga hieß es, Mussa sei bereit, zwischen den jugendlichen Demonstranten und der Regierung zu vermitteln. Dies schließe aber nicht unbedingt Gespräche mit etablierten Oppositionsgruppen wie etwa der Wafd-Partei oder der Muslimbruderschaft ein. Die Regierung sei auf sein Vermittlungsangebot bisher nicht eingegangen, während sich die jungen Demonstranten, mit denen Mussa am Freitag auf dem Tahrir-Platz sprach, sehr aufgeschlossen gezeigt hätten.
Hinter den Kulissen verlautete bei der Liga, in der ägyptischen Führung gebe es offensichtlich einige Kräfte, die Mussa nicht dabeihaben wollten. Denn Mussa sei sehr populär und werde als möglicher Nachfolger von Mubarak gehandelt, was einigen Regime-Anhängern, die selbst Interesse an diesem Amt hätten, nicht passe. "Die Regierung wird sich deshalb erst dann an Mussa wenden, wenn sie das Gefühl hat, dass es gar keinen anderen Ausweg mehr gibt", sagte ein Vertrauter Mussas.
Mussa hatte zuvor in einem Interview mit einem französischen Radiosender auf die Frage, ob er für das Amt des Präsidenten kandidieren wolle, gesagt: "Warum sollte ich Nein sagen?" Er gilt als scharfer Kritiker der israelischen Politik. Als der frühere ägyptische Außenminister 2001 den als schwierig geltenden Posten als Chef der Arabischen Liga annahm, hieß es in Kairo, Mubarak habe Mussa "weggelobt".
Der Minister sei ihm zu populär geworden, weshalb er ihn zunehmend als Konkurrenten empfunden habe. Unabhängige Beobachter vermuten, dass Mussa nun auch deshalb so vorsichtig agiert, damit er hinterher nicht mit leeren Händen dasteht und sowohl die Aussichten auf das Präsidentenamt als auch seinen Posten bei der Liga verliert - dieser sollte demnächst neu besetzt werden. (APA/dpa)