Das Weiße Haus sucht fieberhaft nach Wegen, den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak aus dem Amt zu drängen, damit sich die Lage in Kairo beruhigt. Nach Recherchen der New York Times arbeitet Washington an einem Plan, nach dem Mubaraks Vize Omar Suleiman sofort eine von der Armee gestützte Übergangsregierung bilden soll.

Neben Suleiman setzt das Kabinett von Barack Obama auf Verteidigungsminister Mohammed Tantawi und Generalstabschef Sami Enan. Das Trio soll die Oppositionellen, auch die Muslimbrüder, schnellstmöglich zu Gesprächen über eine Verfassungsreform einladen. Ziel sei es, im September in freier und fairer Wahl einen neuen Staatspräsidenten zu bestimmen.

Ob Suleiman bereit ist, seinem langjährigen Gefährten Mubarak den Laufpass zu geben, ist dem Bericht zufolge noch völlig offen. Der bedrängte Autokrat seinerseits hat deutlich gemacht, dass er nicht daran denkt, ins Exil zu gehen. Er habe Ägypten gedient, er werde auf ägyptischem Boden sterben, betonte der 82-Jährige in einem Interview mit der ABC-Starreporterin Christiane Amanpour. Obama sei ein guter Mann, allerdings wisse er zu wenig über Ägypten.

Die New York Times wiederum zitiert anonym einen Berater Mubaraks mit den Worten, dass das Wunschszenario Washingtons im Widerspruch zur Verfassung der Nilrepublik stehe. Demnach könne nur der Parlamentsvorsitzende, nicht aber der Vizepräsident an die Stelle des Staatschefs rücken. "Das ist meine formale Antwort. Meine politische Antwort ist, dass sie (die Amerikaner) sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollen."

Von Sonntag bis Mittwoch hatte Frank Wisner, einst US-Botschafter in Kairo, im Auftrag Obamas versucht, seinen alten Freund Mubarak zum Rücktritt zu überreden. Der Veteran biss auf Granit, und als die Lage auf dem Tahrir-Platz immer mehr eskalierte und reihenweise Reporter angegriffen wurden, sah das State Department keinen Sinn mehr in Wisners delikater Mission.

Ohnehin hat sich die Sicht auf Mubarak binnen zehn Tagen radikal geändert. Anfangs war er noch der leicht peinliche, gleichwohl vertraute Verbündete, den man behutsam in Richtung Reformen zu schieben gedachte. Jetzt gilt er als Hindernis, das den Weg zu Kompromissen blockiert.

Um den Druck zu verstärken, stellt sich der US-Kongress, sonst eine Bühne heftigen Parteienstreits, demonstrativ hinter die Exekutive. Am Donnerstag rief der Auswärtige Ausschuss des Senats Mubarak auf, die Macht unverzüglich an ein provisorisches Kabinett abzugeben. John Kerry und John McCain, ein Demokrat und ein Republikaner, die jeweils führenden Außenpolitiker ihrer Fraktionen, hatten die Resolution gemeinsam eingebracht. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 5.2.2011)