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Gludovatz schaut dem Frühjahr entgegen.

Foto: REUTERS/Robert Zolles

Ried/Wien - Paul Gludovatz hat seine Batterien aufgeladen. Die Stromzufuhr funktionierte beim 64-jährigen Trainer von Ried so: "Ich habe Bücher gelesen. Andere dröhnen sich zur Entspannung mit lauter Musik zu, ich lese lieber Bücher leise."

Das Tagesgeschäft hat ihn wieder, der Herbstmeister und Winterkönig beginnt das Frühjahr am 12. Februar bei der Wiener Austria. Ob das schon eine richtungsweisende Partie ist? "Nein, der Fußball hängt nie von einem Spiel ab. Außerdem haben wir einige Verletzte im Kader, insofern sind die Aufschlüsse begrenzt." Und Gludovatz sagt, dass vier Punkte Vorsprung auf Sturm Graz und Titelverteidiger Salzburg nichts zu bedeuten hätten. "Außer vier Punkte Vorsprung." Die üblichen vier Verdächtigen würden die Meisterschaft untereinander ausmachen, die Austria und Rapid seien logischerweise die anderen beiden. "Wir sind nur ein Licht, das immer wieder aufgeblitzt hat. Und es soll möglichst lange blinken, nicht ausgehen." Einen Vergleich mit der Borussia Dortmund, die in Deutschland die Konkurrenz verblüfft und abhängt, lehnt Gludovatz ab, "weil er blöd ist. Dortmund war Europacupsieger. Ried bekanntlich nicht. " Parallelen zu Hannover oder Mainz könne man ziehen, da ist Gludovatz großzügig, "die sind nämlich maximal halbdumm."

Stolz ist man in und um Ried auf das bisher Erreichte aber schon. "Es wird spannend, wie die Mannschaft damit umgeht, was sie nun daraus macht. Man weiß nicht, ob die Unbekümmertheit bleibt. Abgehoben hat keiner." Die Vorbereitung sei, so Gludovatz, gut verlaufen, die geplanten Inhalte wurden umgesetzt. "Ich bin nicht der Erfinder einer guten Vorbereitung. Zuerst kriegt man ohne Ball schwere Füße, dann mit Ball. Und zuletzt wird am Feinschliff gearbeitet." Der erfolgte in einem neuntägigen Trainingslager in Belek. Dort hat sich fast die komplette Bundesliga vorbereitet, Kontakte untereinander wurden weder geknüpft noch gepflegt, sogar mit Spezi Peter Pacult reichte es nur zu einem gar nicht so regen SMS-Verkehr. Rapid war nah und doch weit weg.

Rieds Aufenthalt in der Türkei hat übrigens Hauptsponsor Josko gezahlt. Gludovatz: "Nicht aus Gnade, sondern weil er mittlerweile davon profitiert. Durch die Erfolge ist Ried öffentlicher und bekannter geworden."

Als einziger Klub aus dem Oberhaus haben die Innviertler den Transfermarkt ignoriert, sich am irrwitzigen Treiben nicht beteiligt. Sei es aus Kostengründen oder mangels Angeboten. Gludovatz ist prinzipiell kein Gegner von Veränderungen und Auffrischungen, einen begabten österreichischen Stürmer hätte er gerne gehabt. "Aber die besten kriegen wir nicht, und die zweitbesten haben wir selbst." Ein zusätzlicher Legionär wäre sinnlos gewesen. "Dann müsste ich einen auf die Tribüne setzen. Das ist mir zuwider, das kann ich mit meiner Philosophie nicht vereinbaren."

Sein Vertrag endet im Sommer, über eine Verlängerung wurde mit dem Vorstand noch nicht gesprochen. "Warum sollten wir? Beide Seiten warten ab, was bis Ende März passiert. Dann unterhält man sich über Prinzipielles, über Ziele und Visionen, über Trennendes und Verbindendes." Gludovatz betont, dass Trainer permanent unter Druck stünden, diesbezüglich herrsche kein Unterschiede zwischen Ried und Madrid. "Weil der Druck von innen kommt. Wäre das nicht der Fall, wäre ich auf der falschen Hochzeit. Ich will, dass bei jedem Spieler jeden Tag etwas weitergeht, dass sich vor allem die Jungen entwickeln und in der Lage sind, zu gestalten. Dabei sollen möglichst viele Punkte rausschauen."

Es sei vorstellbar, dass das Rieder Lichterl weiter blitzt und blinkt. Wo das hinführt? "Keine Ahnung." In der Sommerpause wird Gludovatz Bücher lesen. (Christian Hackl, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 4. Februar 2011)