Noch ist nicht klar, wer wen killt: "Hunter with three dogs killing bird", von Per Dybvig, 2010.

Foto: Galerie Christine König, Wien und Galerie Arve Opdahl, Berlin/Stavanger

Wien - Per Dybvig zeichnet angeblich auch beim Gehen. Geradezu laufend hält der norwegische Zeichner so die alltäglichen Szenen, Fernsehbilder oder auch Gesprächsfetzen fest, die er auf seinen großformatigen Buntstiftzeichnungen zu absurden Storys verdichtet: Man with Fish heißt etwa eines der Bilder, auf dem sich ein Mann mit einem Fisch unterhält - eine Unmenge kleinerer Skizzen, mit denen Dybvig das Bild "überzeichnet", lenkt jedoch von ihrer Zweisamkeit ab.

Was man sieht, ist ein kaum dechiffrierbares Gewirr von Pflanzen, Porträts, Bergen, Aliens, comichaften Figuren, aber auch Punkten und Pfeilen: Letztere suggerieren so etwas wie einen narrativen Verlauf.

Obwohl man meist vergeblich versucht, eine Hauptstory zu verfolgen, geben einige seiner Bildtitel doch kurze Geschichten vor: Hunter with three dogs killing bird oder Crazy Farmer (Trying to grow Tomatoes) heißen etwa zwei Bilder, die von seiner Vorliebe für das Abgründige erzählen, in dem sich das Böse nicht selten hinter zigarettenrauchenden Hasen verbirgt.

Auf einer Serie kleinformatiger Bilder sind die sichtlich knallharten Burschen zudem bis auf die Zähne bewaffnet und neben Drogengeschäften auch in Mord und Totschlag involviert.

Diese Verkehrung der Rollen hat bereits den Menschen des 16. Jahrhunderts Spaß gemacht. Das zeigen zwei Filme, mit denen sich Dybvig auf die Druckgrafik The Hunter Caught by the Hares von Georg Pencz (1534-35) bezieht: Mit flüchtigen Strichen gezeichnet - formal also ähnlich wie seine Illustrationen - schreibt Dybvig in seinen Filmen Hunter Hare Dog und Around the House or in the Bar (beide 2009/2010) die Geschichte des Jägers fort, dem mordlustige Hasen ihre Colts unter die Nase reiben.

In seiner Arbeit insgesamt kaum an logischen Abfolgen interessiert, gehen auch in seinen Filmen Bild und Ton aber nicht wirklich zusammen. Und während man auf der Tonebene der Geschichte eines Erzählers zu folgen versucht, wird auf der Bildebene die brutale Jagd auf den Jäger mit Sprechblasen, absurden Statistiken und einer Reihe rachsüchtiger Hasen in die Gänge gebracht.

Der in Norwegen sehr bekannte Zeichner und Kinderbuchillustrator hat auch seine Wien-Eindrücke zu Papier gebracht - und dabei die Welt nicht ganz auf den Kopf gestellt: Unter dem Titel The Vienna Drawing Book zeigen die einzelnen Blätter diverse Stadtansichten: feine Damen und ihre Taschen, Männer und ihre Zigarren, Schaufensterauslagen oder auch Pferde - Momentaufnahmen jedenfalls, die für den Künstler offenbar gerade in ihrer Banalität etwas Befremdliches haben. (Christa Benzer/ DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2011)