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Eine Sonderausstellung des Museums der Heizkultur in Wien-Meidling zeigt jetzt die Geschichte des Badezimmers in Privathaushalten. Die ist nicht so reich an Jahren, wie man vielleicht vermuten könnte: Gerade einmal ein Jahrhundert umfasst der Zeitraum, in dem nun jenes Zimmer existiert, ohne das aufgesucht zu haben heute im Regelfall niemand mehr die eigenen vier Wände verlässt.

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Die Stationen der Schau mit dem Titel "Badewonnen" reichen aber doch ein wenig weiter zurück: Angefangen wird bei den "Tröpferlbädern", die für die Wienerinnen und Wiener jahrzehntelang die einzige Möglichkeit für eine gründliche Körperreinigung waren. Das erste Wiener Volksbad in Wien-Neubau, Mondscheingasse 9, wurde am 22. Dezember 1887 eröffnet. Es verfügte über getrennte Brause- und Umkleideräume für 42 Männer und 24 Frauen. Als absolute Novität war es das erste Reinigungsbad für den Massenbetrieb in Europa. Im ersten Betriebsjahr besuchten 78.000 Menschen das Bad.

Bis zum Ersten Weltkrieg baute die Wiener Stadtverwaltung weitere 18 Brausebäder. Rund 3,5 Millionen Menschen besuchten 1914 diese Tröpferlbäder. Nur 30 Prozent der Badegäste waren Frauen.

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"Bis ins Mittelalter war das Bad eine wichtige Institution. Die Badekultur und die damit verbundene Hygiene nahmen im 17. und 18. Jahrhundert aber drastisch ab", holte Museumsleiter Reinhard Indrak (Bild) in seinem geschichtlichen Umriss noch etwas weiter aus. Medizinische Erkenntnisse und die zunehmende Säkularisierung der Lebenswelt führten im 19. Jahrhundert zu einem veränderten Verständnis der Körperhygiene. Die Körperreinigung wurde wieder wichtiger und das Bedürfnis, eine komfortable Waschmöglichkeit zu besitzen, größer. 

Mit dem Aufstieg des "Roten Wien" nach dem Ersten Weltkrieg wurde dann neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen auch ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen: hell, trocken, mit Wasserleitung und WC.

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Die Geschichte des Badezimmers spiegle deshalb auch sehr deutlich die Qualität der Wohn- und Hygieneverhältnisse in Wien wider - "Grund genug, im Rahmen der neuen Sonderschau einen genaueren Blick darauf zu werfen", erklärte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (re.) am Mittwoch bei der Begehung der Schau. Und stellte fest: "Auch wenn wir uns längst daran gewöhnt haben: Das Badezimmer ist ein sehr junger Wohnraum, der sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte."

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Während es in den 1920er- und 1930er-Jahren noch von Wohlstand zeugte, wurde das Badezimmer in den eigenen vier Wänden somit erst nach dem Zweiten Weltkrieg selbstverständlich. Neubauten wurden ab dann mit eigenen Baderäumlichkeiten ausgestattet und bestehende Wohnungen bestmöglich nachgerüstet.

Da die Baderäumlichkeiten in der Regel immer noch kleiner waren, als der Platzbedarf es aufgrund von Gebrauchsutensilien und des Einzuges elektrischer Geräte zuließ, gelangten immer häufiger platzsparende Ausstattungsstücke ins Bad. Der "Allibert" - bald ein Synonym für Badezimmerschränke - trat seinen Siegeszug an, und auch die Klapp-Schrankbadewanne erfreute sich dort großer Beliebtheit, wo für ein Bad kein Platz war, aber Raum für eine Badewanne sein musste.

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Mit der zunehmenden Standardisierung des Badezimmers in privaten Haushalten veränderte sich auch das Tätigkeitsfeld des Installateurs zusehends. War dieser früher ein Berufsverwandter des Schmieds, der alle möglichen Blechwaren bearbeitete und Gebrauchsgegenstände wie Kübel, Gießkannen, Kinderspielzeug sowie Dachrinnen und -rohre herstellte, entwickelte er sich im 20. Jahrhundert zu einem Spezialisten auf dem Gebiet der Sanitär- und Heiztechnik, mit speziellen Werkzeugen wie der Benzin-Lötlampe und dem Rohrabschneider.

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Insgesamt wurde das Badezimmer im Lauf der Zeit zu einem reichen Betätigungsfeld der Sanitärindustrie und zum Spielfeld von Designern - egal, ob es sich um Fliesen, Armaturen oder Zahnputzbecher handelte, die sie gestalte(te)n. Einhergehend mit der Entwicklung des Badezimmers fand das Bad außerdem als privater Rückzugsort, als Ort der Erotik und auch der Gefahr Eingang in Film und Literatur. Legendär ist die Duschszene in dem Film "Psycho" von Alfred Hitchcock oder die Schrankwanne der Familie Sackbauer in der Serie "Ein echter Wiener geht nicht unter". (red)

Service

Sonderausstellung "Badewonnen" im "Brennpunkt - Museum der Heizkultur Wien" (Malfattigasse 4, 1120 Wien), geöffnet von 6. Februar bis 28. Dezember 2011. (Anm.: Von Juni bis September geschlossen!)

Link

www.brennpunkt.wien.at

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