Wien - Elektronische Beats. Zwei lose Glühbirnen, die von der Decke hängen. Eine Schauspielerin tanzt mit den Glühbirnen in den Händen, während ein anderer am Mischpult steht.

Kiwi beginnt mit einem Video, in dem die olympischen Disziplinen dargestellt werden. "Schneller, höher, stärker" ist das Motto. Der Beste sein, brüderliche Begegnung der Nationen, um sich im Wettkampf zu messen. "Man muss auch die andere Seite der Medaille betrachten", sagt Schauspielerin Agnes Hausmann. "Hinter Olympia steckt ganz viel Profit, Machtdemonstration und Gewalt." Das Stück entstand vor den Olympischen Spielen in Peking, wo man neue Prestigeobjekte baute, um das Stadtbild für das internationale Publikum zu beschönigen, Menschen enteignete und aus ihren Behausungen vertrieb.

In einem Slum lebt ein elfjähriges Mädchen mit ihrem gewalttätigen Onkel. Von ihren Eltern besitzt sie nur noch eine Mütze und einen Schlüssel. So traurig ihr Schicksal klingt, ihre Träume hat das Mädchen nicht aufgegeben. Nach der Flucht aus dem Slum wird das Kind in ein Jugendgefängnis für Waisenkinder gesteckt. Dort schließt sie Bekanntschaft mit anderen Waisen wie Litschi, Mango und Sellerie. Die Kinder wollen ihre alte Identität "unterm Scheißhaufen begraben" und legen sich neue Namen von Obst- oder Gemüsesorten zu. Auch das neue Mädchen muss getauft werden: Sie heißt nun Kiwi. "Drei, zwei, eins! Neubeginn!" Diesen Neubeginn starten die Kinder mit der Flucht aus dem Gefängnis und verstecken sich zu 30. in einer heruntergekommenen Bruchbude. Kiwi bleibt zuversichtlich. Doch hinter der Fassade, der fröhlichen Musik, enthüllen sich die Schwierigkeiten des Lebens auf der Straße. Die Kinder stehlen Gemüse, waschen Autos und gehen ins "schwarze Haus", um sich zu prostituieren. Mitten in all dem Elend entwickelt sich eine Liebesgeschichte zwischen Kiwi und Litschi.

Agnes Hausmann und Sven Kaschte sind die einzigen Schauspieler, die auf der Bühne agieren. Doch das lässt ihr Spiel nicht weniger spannend wirken. Ganz im Gegenteil. Kiwi ist ein mitreißendes Stück, dessen Thematik weit weg erscheint und sich doch auch mitten unter uns abspielt. (Clara Heinrich, Alicia Prager, DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2011)