Autor des weltweit beliebtesten Lehrbuchs für Altirisch und Dichter gallischer Lyrik, die auch schon von Celtic-Metal-Bands vertont wurde: der umtriebige Keltologe David Stifter.

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Es ist ungefähr so, als würde hierzulande ein Spanier zum Ordinarius für Althochdeutsch ernannt. Oder in Paris eine Russin einen Lehrstuhl für Altfranzösisch erhalten: David Stifter, der bisher am Institut für Indogermanistik der Uni Wien beschäftigt war, hat ab sofort die renommierte Lehrkanzel für Altirisch an der Uni im irischen Maynooth inne.

Wie kommt ein österreichischer Keltologe und Sprachwissenschafter, der noch nicht einmal 40 ist, in Irland zu einer Stelle als Professor für Altirisch? Schuld war letztlich wohl Asterix, den Stifter während der Schulzeit verschlungen hat. Danach studierte er zwar Latein und Russisch, "weil mir nichts Besseres einfiel" . Bald kam er drauf, dass ihm das allein zu fad werden würde, inskribierte zusätzlich Indogermanistik und spezialisierte sich auf das Altirische.

Das Altirische ist im Verhältnis zum Irischen in etwa das, was das Althochdeutsche im Vergleich zum Deutschen ist - nur viel schwieriger und mit einer komplizierten Grammatik. Stifter hat es in einem Sommer im Selbststudium und dann ein Jahr lang in Irland bei jenem Professor gelernt, dem er nun nachfolgt. In seiner Begeisterung für die vom Keltischen abstammende Sprache gab er wenig später schon Privatunterricht im Altirischen.

Keltologie als Studium

Dank des Engagements von Stifter und vor allem des mittlerweile emeritierten Altgermanisten, Mediävisten und Keltologen Helmut Birkhan kann man in Wien seit zehn Jahren sogar Keltologie als eigenes Studium inskribieren - was bis jetzt immerhin mehr als 160 Studierende gemacht haben. "In einigen naturwissenschaftlichen Fächern sind es auch nicht mehr" , sagt Stifter, der indes einsehen musste, dass die Einrichtung einer Professur für Keltologie an der Uni Wien "zwar schön wäre, aber unrealistisch ist" .

Ein Ergebnis seiner Lehre war dann auch das 2006 erstmals erschienene Lehrbuch: Sengoídelc. Old Irish for Beginners. Das wiederum ist, wie Stifter mit Stolz anmerkt, "das weltweit erfolgreichste Altirisch-Lehrbuch" und befindet sich bereits in der dritten Auflage. Das heißt, dass weit mehr als 2000 Exemplare verkauft wurden - für dieses Fach astronomische Zahlen. Das Buch ist aber nicht nur ein Bestseller: Stifter erhielt dafür 2007 in New York den Michael-J.-Durkan-Preis für herausragende Publikationen zu irischer Sprache und Kultur verliehen.

Neben seiner Lehrtätigkeit erforschte Stifter auch noch die Spuren des Altkeltischen in Österreich und gibt seit 2006 die Fachzeitschrift "Keltische Forschungen" heraus. "Das wurde hier vermutlich noch bis ins zweite Jahrhundert unserer Zeitrechnung gesprochen." Am präsentesten sind wohl noch keltische Fluss- und Ortsnamen wie Traisen und Glan oder Linz und Bregenz. Ansonsten finden sich keltische Namen und Inschriften auch noch auf Grab- und Ziegelsteinen aus der Römerzeit. "Viel ist das aber nicht."

Ein anderes Projekt, das von Stifter mitbegründet wurde und ebenfalls vom Wissenschaftsfonds FWF finanziert wurde, ist ein Lexikon des Lepontischen. Das ist jene keltische Sprache, die im ersten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung in Oberitalien gesprochen wurde. Was Stifter mit seinen Kollegen ins Netz gestellt hat, ist das immerhin weltweit erste etymologische Lexikon einer Sprache, mit dem interaktive Bearbeitungen möglich sind.

Doch nicht alles, was Stifter in den vergangenen Jahren publizierte und herausgab, erreicht nur ein internationales Spezialpublikum. Er betätigt sich auch literarisch und schrieb in jungen Jahren sogar Liedertexte auf Gallisch, also Asterix' "französische" Variante des Keltischen. Und diese Texte wurden nicht nur von einem Musikethnologen vertont, sondern auch von Celtic-Metal-Bands wie der Schweizer Gruppe Eluveitie, deren Brachialsongs auf Youtube auf etliche Millionen Zugriffe kommen. "Leider haben sie mich nicht zur Aussprache gefragt", sagt Stifter.

Hundert Euro Tantiemen

Trotz der Millionen Klicks hat Stifter gerade einmal 100 Euro Tantiemen für seine gallische Lyrik bekommen. Stifter, zweifacher Familienvater, wird es dank der neuen Professur verschmerzen, auch wenn sein Gehalt wegen der Wirtschaftskrise in Irland noch vor Dienstantritt gleich einmal um zehn Prozent gekürzt wurde: "Aber das ist immer noch viel mehr, als ich hier als Ordinarius je verdienen würde." (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 02.02.2011)